GEISTreiche Atem.Pause


Jeden Freitag um 12.15 Uhr
in der Spitalskirche Innsbruck
den Alltag unterbrechen
sich Zeit nehmen
Musik, Impuls, Stille
mit Gottes Segen wieder in den Alltag gehen

Atem.Pause am 30.06.2023 zum Thema: „Rettungsstation"
Martin Lesky

An einer gefährlichen Küste befand sich vor Zeiten eine kleine armselige Rettungsstation. Die Küste war schon vielen Schiffen zum Verhängnis geworden. Deshalb hatte sich eine Handvoll Freiwilliger hier eine kleine Hütte gebaut, um den Wachdienst zu versehen. Zu dieser Rettungsstation gehörte nur ein einziges Boot. Mit diesem wagte sich die kleine mutige Mannschaft immer wieder, bei Tag und bei Nacht, auf das Meer hinaus, um die Schiffbrüchigen zu retten.
Es dauerte nicht lange, dass dieser kleine Stützpunkt bald überall bekannt wurde. Viele der Erretteten und auch andere Leute aus der Umgebung waren gern bereit, die armselige Station mit Geld zu unterstützen. Die Zahl der Gönner wuchs. So konnte man sich neue Boote kaufen und neue Mannschaften schulen.
Mit der Zeit gefiel den Gönnern die kleine ärmliche Hütte nicht mehr. Die Geretteten, sagte man, benötigten doch einen etwas komfortableren Ort als erste Zufluchtsstätte. Deshalb beschloss man, die provisorischen Lagerstätten durch richtige Betten zu ersetzen. Man erweiterte das Gebäude und stattete alle Räume mit schöneren Möbeln aus. Auf diese Weise wurde die Rettungsstation allmählich zu einem beliebten Aufenthaltsort. Die Station diente den Männern als Clubhaus, in dem man gesellig beieinander sein konnte.
Gleichzeitig geschah aber auch etwas sehr Verständliches: immer weniger Freiwillige waren bereit, mit auf Bergungsfahrt zu gehen. Was tat man? Man heuerte für die Rettungsboote eine eigene Besatzung an. Immerhin schmückte das Wappen des Seenotdienstes noch überall die Räume, und von der Decke des Zimmers, in dem gewöhnlich der Einstand eines neuen Clubmitgliedes gefeiert wurde, hing das Modell eines großen Rettungsbootes.
Und nun passierte folgendes: Vor der Küste scheiterte ein großes Schiff, und die angeheuerten Seeleute kehrten mit ganzen Bootsladungen Frierender und Halbertrunkener zurück. Unter ihnen befanden sich Schwarze und Orientalen. In dem schönen Clubhaus entstand Chaos. Das Verwaltungskomitee ließ deshalb gleich danach Duschkabinen im Freien errichten, damit man die Schiffbrüchigen vor Betreten des Clubhauses gründlich säubern könne.
Bei der nächsten Versammlung gab es eine Auseinandersetzung unter den Mitgliedern. Die meisten wollten den Rettungsdienst einstellen, weil er unangenehm und dem normalen Clubbetrieb hinderlich sei. Einige jedoch vertraten den Standpunkt, dass Lebensrettung die vorrangige Aufgabe sei und dass man sich auch noch als "Lebensrettungsstation" bezeichne. Sie wurden schnell überstimmt. Man sagte ihnen: Sie könnten ja auch woanders ihre eigene Rettungsstation aufmachen, wenn ihnen das Leben all dieser angetriebenen schiffbrüchigen Typen so wichtig sei.
Das taten sie dann auch. Sie fingen ganz von vorne an mit einer kleinen erbärmlichen Hütte. Ihr guter Ruf aber verbreitete sich sehr schnell. Es gab neue Gönner, und es entstand ein neues Clubhaus - usw.. usw. Die neue Station wandelte sich genauso wie die erste. Und so kam es dann schließlich zur Gründung einer dritten Rettungsstation. Doch auch hier wiederholte sich die alte Geschichte. Zuerst gab es wieder nur eine kleine erbärmliche Hütte. Aber der gute Ruf verbreitete sich schnell; es gab Gönner; es wurde ein Clubhaus ausgebaut usw. usw.
Wenn man heute diese Küste besucht, findet man längs der Uferstraße eine beträchtliche Reihe exklusiver Clubs. Immer noch wird die Küste vielen Schiffen zum Verhängnis; nur - die meisten der Schiffbrüchigen ertrinken!

Wo kennen wir so eine Rettungsstation? Wo sind wir Rettungsstation/braucht es uns als Rettungsstation?


 

 

Atem.Pause am 16.06.2023 zum Thema: „Wer ist Gott?"
Martin Lesky

In der letzten Atem.Pause habe ich die Frage gestellt: „Wer ist dieser Gott, der uns nahe sein will?" Eine erste Antwort war: „Gott ist Liebe" und „Gott ist Beziehung".
Gott bleibt aber auch ein Geheimnis. Im brennenden Dornbusch offenbart sich Gott dem davor knieenden Mose mit den Worten: „Ich bin, der ich bin." (Ex 3,14) oder im Buch Jesaja steht: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege - Spruch des Herrn." (Jes 55,8) Gott ist einer oder eine, die mit uns geht, die mit uns Beziehung will und mit uns in Beziehung tritt – das ist für mich eine Erfahrung meines Glaubenslebens – aber Gott ist auch einer oder eine, die uns ein Stück fremd bleibt und die wir immer neu erfahren dürfen. F.M.Dostojewski hat das sehr schön in dem Satz ausgedrückt: „Ich halte es nicht für das größte Glück, einen Menschen ganz enträtselt zu haben. Ein größeres Glück ist es noch, bei dem, den wir lieben, immer neue Tiefen zu entdecken, die uns immer mehr die Unergründlichkeit seiner Natur in ihrer ewigen Tiefe offenbaren." Und das ist in allen Beziehungen gleich. Ob zwischen Erwachsenen, zwischen Eltern und ihren Kindern, oder zwischen uns Menschen und Gott, es ist immer wieder bereichernd, neue Tiefen zu entdecken und in neue Tiefen einzutauchen. Insofern ist für mich das „fremd" sein oder bleiben nicht negativ, sondern es ermöglicht Begegnung, bei der ich mich überraschen lassen kann, ein Ringen um Beziehung.

Wo haben Sie Gott als ein Geheimnis erfahren?


 

Atem.Pause am 09.06.2023 zum Thema: „Dreifaltigkeit"
Martin Lesky

Was sind die großen Feste im Kirchenjahr? Weihnachten, Ostern und Pfingsten. An Weihnachten feiern wir, dass Gott Mensch wird, an Ostern die Auferstehung Jesu, des Sohnes Gottes und an Pfingsten das Kommen des Heiligen Geistes. Insofern können wir sagen sind die drei Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten die Feste von Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist sind. Wir glauben an einen Gott, der uns in drei Personen nahe sein will: als Vater, als Sohn und als Heiliger Geist. Sie kennen das Sprichwort „Aller guten Dinge sind drei". Es nimmt Bezug auf die Zahl drei in der mittelalterlichen Rechtsprechung. Wir verwenden es dann, wenn wir etwas ein drittes Mal versuchen wollen. Es könnte aber auch ein Hinweis auf unseren Gott sein. Wer ist dieser Gott, der uns nahe sein will? In den nächsten Atem.Pausen bis zum Sommer möchte ich dieser Frage nachgehen.
Im 1. Johannesbrief heißt es: „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm." (1 Joh 4,16b) Gott ist Liebe und Gott geht es zuerst einmal um Liebe. Als Jesus nach dem wichtigsten Gebot gefragt wird, antwortet er mit der Gottes- und Nächstenliebe. Den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Und deine/n Nächste/n lieben wie dich selbst. Ich liebe dich so, wie du bist oder wie Martin Buber übersetzt, den Nächsten lieben, er ist wie du. In dieser Liebe geht es immer um Beziehung. Gott begegnet uns im Alten Testament als einer, der Beziehung will, ob im Kampf mit Jakob oder wenn er sagt: „Stell dich auf deine Füße Menschensohn, ich will mit dir reden." (Ez 2,1) Und Gott ist selbst Beziehung, drei Personen, die miteinander in Beziehung sind und gemeinsam eine Einheit bilden. Aller guten Dinge sind drei.

Welche Vorstellung von Gott habe ich?


 

Atem.Pause am 02.06.2023 zum Thema: „Das Kreuz des Lebens"
Martin Lesky

In meinem Studienjahr in Rom habe ich einmal pro Woche Führungen in der San Sebastian Katakombe angeboten. Diese haben immer bei einem Kreuz geendet, das einen Brand überlebt hat und bei dem beim Korpus die Hände und die Füße gefehlt haben. Dort habe ich am Ende der Führung die Frage gestellt, welche Bedeutung das Kreuz für unser Leben hat. Zuerst einmal sehe ich im Kreuz zwei Dimensionen, eine vertikale und eine horizontale. Vertikal – Heilszuwendung und Gottesverehrung, wir wollen lieben weil Gott uns zuerst geliebt hat. Und horizontal – Menschen sind miteinander unterwegs, beziehen sich aufeinander, sind Gemeinschaftswesen und brauchen Gemeinschaft, um zu überleben. Um beide Dimensionen geht es Jesus, um beide Dimensionen geht es in unserem Glauben und um beide Dimensionen geht es in der Kirche. Das Kreuz ist für mich auch ein Erinnerungszeichen, dass Gott uns unendlich liebt, dass seine Liebe größer ist als der Tod, dass unser Leben endlich ist und uns der Glaube frei macht. Ja, das Kreuz ist für mich auch ein Zeichen der Freiheit, denn Jesus hat sich in Freiheit für seinen Weg entschieden und es erinnert mich, dass auch ich frei bin, mich jederzeit für oder gegen Gott zu entscheiden. Meine Führungen habe ich oft mit einem Gebet aus dem 14. Jahrhundert beschlossen: Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun. Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen. Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.

Welche Bedeutung hat das Kreuz in deinem Leben?


 

Atem.Pause am 05.05.2023 zum Thema: „Gottes Geist bewirkt den Neuanfang"
Martin Lesky

Beim Basiskurs „Neu anfangen" mit Leo Tanner war das 6. Thema „Gottes Geist bewirkt den Neuanfang". Zuerst braucht es eine Beschreibung, wie der Heilige Geist wirksam wird und dann wie er Neues bewirkt. Vier Aspekte helfen uns weiter:
Zuerst geht es um eine Beziehung von Herz zu Herz: "... der Himmel sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden." (Mk 1,8-11)
Die Taube war im alten Orient ein Symbol für Liebe und Zärtlichkeit. Jesus hat also ganz tief die Liebe seines Vaters erfahren. Diese können dann alle Menschen zu Pfingsten spüren. Pfingsten bedeutet einen Durchbruch, weil das Feuer Jesus die Jünger erreicht. Der Glaube rutscht vom Kopf ins Herz. Durch die Erfahrung der Liebe entsteht eine Herzensverbundenheit.
Zweitens entsteht eine neue Dynamik: Durch Pfingsten begannen die Jünger Jesu Gottes große Taten zu preisen. Die erste Wirkung ist Freude, die zweite Verbundenheit untereinander. „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele." (Apg 4,32) Gottes Geist bewirkte Freude an Gott, Freude an der Gemeinschaft und Freude am Weitergeben des Evangeliums.
Drittens will der Heilige Geist unser Inneres verwandeln: Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit (Gal 5,22). Der Heilige Geist will, dass wir durchdrungen werden vom Wesen Jesu.
Viertens befähigt uns der Heilige Geist neu: In Jesu Worten und seinen Berührungen wird eine neue Kraft wirksam, die in den Aposteln weitergeht. Der Hl. Geist schenkt jedem von uns Charismen (1 Kor 12,8-11.28), um anderen besser und wirksamer zu dienen.
Wie können wir also den Heiligen Geist beschreiben? Helmut Gottwitzer übersetzt den Heiligen Geist mit „Gott kann". Für mich ist dies Beschreibung sehr treffend. Denn der Heilige Geist schenkt eine Beziehung von Herz zu Herz, er bewirkt eine neue Dynamik, er wandelt unser Inneres und er befähigt uns neu.

Wie kann der Heilige Geist in unserem Leben wirksam werden?


 

Atem.Pause am 17.03.2023 zum Thema: „Herz-Gedanken"
Lydia Kaltenhauser

Vor vielen Jahren, als ich einmal vor einer für mich sehr wichtigen Entscheidung stand, traf mich ein Satz des Theologen Ladislaus Boros im wahrsten Sinne des Wortes mitten ins Herz. Er lautet: „Gott will nicht unsere Grübeleien, er will unser Herz."
Manchmal braucht es diesen einen Satz, diesen einen Augenblick, oder diesen einen Menschen, der einem genau im richtigen Moment zum Herzen spricht. Der das ausspricht, was vielleicht in unserem Inneren lange schon da war und jetzt sozusagen mit einem „Passwort" geknackt wird und ins Bewusstsein tritt.
Gott will nicht unsere Grübeleien, er will unser Herz – dieser Satz fasst für mich so viel zusammen, dass ich manchmal denke, er ist eine Art zweites Credo für mich geworden.
Es ist gut und richtig, dass wir Menschen vernunftbegabte Wesen sind, dass wir uns mit der Welt und ihren Gesetzen auseinandersetzen, sie erforschen, hinterfragen und weiterentwickeln. Es ist in Entscheidungssituationen wichtig, sich rational und nüchtern mit allen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Es tut gut, in einen Abstand zu den eigenen Gefühlen zu kommen, die manchmal genauso übermächtig sein können wie das scheinbar unendliche „was-hätte-sein-können-wenn" und das „was-könnte-sein-wenn" in unseren Köpfen.
Und doch: Wir Menschen sind – Gott sei Dank – viel mehr als das. Wer kennt es nicht, das berühmte Bauchgefühl, die Intuition, die uns innerhalb von Bruchteilen von Sekunden einen Hinweis gibt, wie wir richtig entscheiden sollen? Wer kennt nicht den Rausch der Verliebtheit, und das ruhige Gefühl tiefer Liebe, wie ein Anker im eigenen Herzen? Wer kennt nicht das Gefühl, sich mit einem Menschen tief verbunden zu fühlen? Das muss nicht unbedingt in einer Liebesbeziehung sein. Vielfältig sind die Möglichkeiten, diese Verbundenheit zu spüren – es kann der langjährige Arbeitskollege sein, das vertrauensvolle Gespräch mit der Nachbarin oder ein langer Waldspaziergang nur mit sich selbst allein. Mein Herz atmet richtig auf in solchen Momenten, ich spüre, dass es von ihnen genährt wird.
Gott will nicht unsere Grübeleien, er will unser Herz. Er wünscht uns ganz viele von diesen Momenten, in denen wir uns verbunden und lebendig fühlen, in denen wir unser Herz spüren, in denen wir „herzwärts leben". Ich glaube, dass Gott uns so geträumt hat, dass wir nicht rein aus dem Kopf leben, alles richtig machen, studieren und bedenken, grübeln und überlegen, Regeln einhalten und uns und andere kontrollieren.
Nein, er hat uns als lebendige Menschen geträumt, die aus dem Herzen leben. Die sich selbst spüren, sensibel wahrnehmen, was ihnen guttut und was ihnen schadet, wo das Bauchgefühl sagt: lass dich drauf ein und wo es sagt – Achtung, das ist eher nichts für dich.
Gott will nicht unsere Grübeleien, er will unser Herz. Für mich hat der Satz in all den Jahren, in denen er mich schon begleitet, nichts von seiner Faszination verloren. Im Gegenteil: Ich finde immer neue Facetten, wie er meinen Glauben in stärkeren und schwächeren Zeiten belebt und trägt.
Letztens hat eine Bekannte, die dem Christentum recht kritisch gegenübersteht, gefragt: „Der Buddhismus hat die Achtsamkeit. WAS hat das Christentum eigentlich zu bieten?" Die Frage kam so plötzlich und so vehement, und mit so viel Verlangen nach einer substantiellen Antwort, dass ich kurz sprachlos war. Ich glaube, die für mich stimmigste Antwort – eine von vielen Möglichkeiten – ist: „Das Christentum hat Herz."
Weil wir an einen Gott glauben, der ein Herz hat. Ein richtiges, echtes, pulsierendes, menschliches Herz aus Fleisch und Blut hat er, in Jesus Christus. Ein Herz, das mitfühlen kann, wie es in meiner liebsten Bibelstelle im Hebräerbrief heißt: „Wir haben ja nicht einen Hohepriester, der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen...". Nein, wir haben einen Hohepriester, einen Gott, der ganz und gar mit uns mitfühlen kann. Einen Gott, der fühlt, der spürt, der lacht und weint, schwitzt und schreit, der alles Menschliche bis in die Untiefen der Emotionen und der Körperlichkeit geteilt hat. Das ist unser Glaube. Wir glauben an einen Gott, der ein Herz hat, vielleicht besser gesagt: an einen Gott, der Herz ist, menschgewordenes Herz.
Ich habe nachgeschaut: 454 Mal kommt das Wort „Herz" in der Bibel vor („Kopf" übrigens nur 186 Mal, „Gedanken" gar nur 63 Mal, und „grübeln" überhaupt nur 2 Mal) und es ist faszinierend, welcher Wortschatz die „Tätigkeiten" des Herzens beschreibt:
Es schlägt und schmilzt, ist verstockt und verhärtet, wird weit und ruhig, ist voll Freude und Trauer, ja, es kann sogar denken. Man könnte sagen, das Herz schlägt in der Bibel, es durchzieht die Bibel wie ein roter, pulsierender Faden.
Das ist für mich die Essenz des Christentums: Der Glaube an ein lebendiges, pulsierendes, schlagendes Herz, das Mitgefühl für seine Geschöpfe verspürt. Das uns nicht mehr Knechte nennt, sondern Freunde. Wenn wir das eigene Herz spüren und wenn wir uns ihm anvertrauen, wenn wir uns Menschen in Freundschaft und Liebe verbunden fühlen, dann können wir spüren: Hier muss ich nicht denken, nicht grübeln, hier kann ich einfach ich selbst sein, mit meinem Herz, das mich ausmacht, das mich mit anderen verbindet. Dann bin ich ganz ich selbst, ganz lebendig, und, wenn ich mich dafür öffne, auch ganz eng mit Gott verbunden.
Denn er will nicht unsere Grübeleien, er will unser Herz.


 

Atem.Pause am 17.02.2023 zum Thema: „Leben bekommt Zukunft"
Martin Lesky

Beim Basiskurs „Neu anfangen" mit Leo Tanner war das Thema am letzten Freitag „Leben bekommt Zukunft". Zuerst wurde die Frage gestellt, was unser Leben reich macht. Dankbarkeit, Beziehungen, eine Aufgabe haben ... Unser Leben wird reich, wenn ich eine Zukunftsperspektive habe. Jesus gibt uns eine neue Perspektive, eröffnet neue Horizonte. Das fasziniert die Leute und deshalb ziehen so viele mit ihm umher.
Dann wurde die Frage gestellt: Wozu ist Jesus auf die Welt gekommen? Dazu sind uns in der Gruppe drei Antworten eingefallen: Um uns zu erlösen. Um uns Gott zu bringen, dass wir Gott kennenlernen. Und um uns mit dem Hl. Geist zu taufen – dass wir hineingetauft/getaucht werden in den Geist, der in Jesus war.
Beim Thema „Leben bekommt Zukunft" ist es dann um die Auferstehung Jesu gegangen. Die Auferstehung Jesu ist ein ganz zentraler Punkt in unserem Glauben: In Lk 24,5-6 sagen die beiden Engel, „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten. Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden." Jesus ist nicht tot, er lebt, er ist mitten unter uns. Jesus ist der Lebendige, er ist da. Unser Leben wird vergehen, aber Jesus bleibt. Wer glaubt, hat ewiges Leben (Joh 6,47). Die Freude kann mir niemand mehr nehmen. Die Auferstehung Jesu gibt uns die Gewissheit, dass alles gut wird.
In Mt 16,1 gehen Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und Salome zum Grab und fragen sich, wie sie den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen können. Als sie hinkommen ist der Stein bereits weggewälzt. Mir erscheint in dieser Erzählung wichtig, dass die Frauen ihre Fragen thematisieren. Allein schon im darüber reden passiert Veränderung, entsteht neuer Mut. Und dann die große Veränderung bei Maria von Magdala. Sie hatte alles verloren, was sie hatte, unglaublich schmerzhaft. Dann die Begegnung mit dem Engel und schließlich wird sie die Erste sein, die von der Auferstehung Jesu berichtet. Wir merken, dass hier das Wirken Jesu weiter geht. Und es kann auch mit uns weitergehen. Indem unser Leben andere bewegt und berührt.
Ich lade ein, in einer kurzen Stille darüber nachzudenken: Wie können wir andere bewegen und berühren?


 

Atempause am 10.02.2023 zum Thema „Versöhnung macht frei"
Martin Lesky

Beim vierten Teil des Glaubenskurses von Leo Tanner ging es um das Thema „Versöhnung macht frei". Jeder Mensch will glücklich sein. Aber das ist nicht immer so einfach. Manchmal sind wir nicht so, wie wir sein könnten. Etwas hindert uns so zu sein, wie wir sein möchten. Ein Beispiel ist nachtragend sein. Wir belasten uns selber, wir haben uns an die Last gebunden. Wirklich glücklich, wirklich frei wird der Mensch, wenn er frei von Groll, von Bitterkeit wird, wenn er sich davon versöhnt. Deshalb will uns Jesus loskaufen (Mk 10,45). Jesus will uns in die Freiheit führen. Christentum ist die einzige Religion, die an einen Erlöser glaubt. Erlösung passiert, wenn wir uns versöhnen. Wenn wir uns gegenseitig vergeben. Entweder verlasse ich mich ganz auf das, was Jesus am Kreuz für mich getan hat, oder ich bin ganz verlassen. Denn die Schuld hält gefangen. Wenn ich mich der erlösenden Kraft Jesu am Kreuz anvertraue, dann kann ich frei werden.
Deshalb ist der Weg der Versöhnung wichtig, der hier in 4 Schritten beschrieben wird:
1. Ich mache mir bewusst, wo verbittertes, unerlöstes, unversöhntes in meinem Leben ist.
2. Ich entscheide mich, mich von Sünde, Negativen zu trennen.
3. Ich bringe meine Schuld, meine Lasten zu Jesus ans Kreuz und lasse sie dort. Jesus hat am Kreuz all unsere Schuld, unsere Lasten, Schmerzen bereits ertragen. Verzichten wir auf Rache und durchbrechen wir den Kreislauf des Bösen.
4. Ich bin gesegnet und kann als neuer Mensch leben (Röm 6,4). Jesus sagt: „Euch, die ihr mir zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde, tut denen Gutes, die euch hassen. Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch misshandeln." (Lk 6,27-28)
Ich möchte einladen, in einer kurzen Stille diesen Fragen nachzugehen:
Von welchen negativen Gedanken, Urteilen, Bindungen, ... möchte ich frei werden?
Wo steht in meinem Leben Verzeihen an? Wem möchte ich was verzeihen?
Welche Vorwürfe möchte ich loslassen und für immer begraben können?
Was an persönlicher Schuld und Not, Sorgen und Lasten, möchte ich dem Kreuz Jesu anvertrauen?


 

Atempause am 03.02.2023 zum Thema „Jesusbegegnung ermöglicht Neues"
Martin Lesky

Beim dritten Teil des Glaubenskurses von Leo Tanner geht es um das Thema „Jesusbegegnung ermöglicht Neues". Was mich sehr berührt hat, war die Erzählung der Begegnung zwischen Jesus und einer Frau aus Samarien am Jakobsbrunnen. Jesus setzt sich um die sechste Stunde, also in der Mittagshitze an den Jakobsbrunnen. Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Sie kommt in der Mittagshitze, weil sie nicht gesehen werden will. Sie will keine verurteilenden Blicke. Jesus spricht sie an, was in der damaligen Zeit verpönt war. Dies lesen wir anschließend: „Die Juden verkehrten nämlich nicht mit den Samaritern" (Joh 4,9) und auch einige Zeilen später: Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach. (Joh 4,27)
„Gib mir zu trinken!" sagt Jesus. Dadurch kommt das Gespräch zwischen beiden zustande. Ein Dialog, der in die Tiefe führt. Zuerst geht es um das durststillende Wasser, dann um das lebendige Wasser und schließlich um die Männer, die die Frau hatte. Es geht um verschiedene Facetten des Lebens.
Als schließlich die Frau sagt: „Herr gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen!" (Joh 4,15) wird eine tiefe Sehnsucht der Frau sichtbar. Ihre Sehnsucht ist es, zu lieben und geliebt zu werden, ihre Sehnsucht ist es, einen weiteren Horizont zu haben und glauben zu können.
Durch die Begegnung mit Jesus wandelt sich ihr Leben. Sie lässt ihren Wasserkrug stehen. Das, warum sie zum Jakobsbrunnen kam, tritt in den Hintergrund. Sie hat eine neue Perspektive für ihr Leben gefunden. Sie geht zu den Leuten zurück, vor deren Blicken sie sich gescheut hat und erzählt ihnen von der Begegnung mit Jesus. „Ist er vielleicht der Christus?" (Joh 4,29) Ihre Aussage und ihre Veränderung macht die Leute neugierig und sie gehen aus der Stadt hinaus zu Jesus.

Was berührt mich an den Worten Jesu?
Welche Sehnsucht wecken in mir die Worte Jesu, wecken in mir Begegnungen?


 

Atem.Pause am 27.01.2023 zum Thema: „Glaubenskrisen werden Chancen"
Martin Lesky

Der zweite Teil des Glaubenskurses von Leo Tanner hatte die Überschrift „Glaubenskrisen werden Chancen". Zuerst stellte uns Leo Tanner die Umwandlungsprozesse der Kirche vor. Die erste Phase der Kirche geht bis 313. In dieser Zeit war Kirche eine Minderheit. Zu dieser Gruppe zu gehören stellte einerseits eine große Gefahr dar, weil ChristInnen teilweise verfolgt wurden, andererseits bedeutete ein Teil zu sein wie zu einer großen Familie zu gehören und stellte ein soziales Netz dar. Mir hat einmal jemand gesagt, dass mit 313 die Idee der Kirche verloren gegangen ist. Was ist da passiert? 313 wurde das Christentum Staatsreligion. Diese zweite Phase begann mit der konstantinischen Wende. Jetzt hatte dazuzugehören gesellschaftliche Vorteile und lockte viele an. Die dritte Phase begann in den 1960er Jahren. Es entwickelt sich ein Emanzipationsvorgang in Kirche und Christentum. Die Weitergabe des Glaubens ist nicht mehr garantiert, der christliche Glaube ist einer unter vielen geworden. Eltern fragen sich, was haben wir falsch gemacht. Oft wird der eigene Glaube hinterfragt.
Krisen fordern immer heraus genau hinzuschauen und werden so zu Chancen. So sagt z.B. Kardinal J.M Lustiger: „Das Christentum fängt erst an. Es steigt gerade aus den Kinderschuhen. Es hatte noch keine Chance, sich zu entwickeln." Diese Krise, die wir derzeit in der Kirche erleben stellt eine Chance dar, zu den Wurzeln zu gehen. Was heißt heute glauben? Das lateinische Wort für glauben heißt Credo. Credo kommt von cor dare und heißt übersetzt das Herz geben. Glaube hat mit Freundschaft zu tun. Jeder muss sich persönlich auf eine Freundschaft mit Gott oder zu einem anderen Menschen einlassen. Christlicher Glaube will eine persönliche Entscheidung sein.

Für was gebe ich mein Herz?


 

Atem.Pause am 20.01.2023 zum Thema: „Gottesbilder zeigen Wirkung"
Martin Lesky

Wir laden derzeit zum Basiskurs „Neu anfangen" mit Leo Tanner ein. Es ist ein Glaubenskurs in sieben Teilen. Das erste Treffen war letzte Woche zum Thema „Gottesbilder zeigen Wirkung".
Welches Gottesbild habe ich, trage ich in mir? Ich kann mich noch gut an eine Religionsstunde in meiner Schulzeit erinnern, in der wir über unsere Gottesbilder gesprochen haben. Eine Schulkameradin beschrieb Gott als einen alten Mann mit einem langen weißen Bart, der im Himmel an den Schalthebeln sitzt. Manchmal finden wir dieses Bild vom alten Mann in unseren Kirchen (ganz oben im Hochaltar).
Beim Glaubenskurs ging es zuerst bei diesem Thema um Prägungen, die Wirkungen in unserem Leben haben. Die erste Prägung unseres Gottesbildes geschieht meist unbewusst und wird davon beeinflusst, wie wir unsere Eltern oder nahe Bezugspersonen erlebt haben. Zuerst ist Gott vielleicht der „vergrößerte" Vater oder die „vergrößerte" Mutter. Manchmal wird dadurch das Bild von Gott, der Liebe, Freude, Geborgenheit ist, verdeckt und es braucht Versöhnung mit diesem ersten Bild. Erst dann können Erfahrungen zu einem neuen Gottesbild führen. Leo Tanner zeigte hier das Bild einer jungen Mutter, die ihr Kind ganz zärtlich küsst.
Wenn Sie überlegen, welches biblische Bild oder Gleichnis Ihr Gottesbild beschreibt, was fällt Ihnen dazu ein? Mir fallen hier drei Bilder ein: (1) Gott als der gute Hirt, der dem verlorenen Schaf nachgeht. (2) Gott als Vater, der bei der Taufe Jesu im Jordan sagt: Du bist mein geliebtes Kind. Und (3) Gott, der aus dem brennenden Dornbusch heraus Mose sagt: Ich bin da! Alle diese Bilder haben eines gemeinsam; Gott wird persönlich erfahren, zu Gott dürfen wir du sagen, Gott will mit jedem und jeder von uns in Beziehung treten.
Ich lade ein, über mein Gottesbild nachzudenken.


 

Atem.Pause am 28.11.2022 zum Thema: „Wer ist mein/e Nächste/r?"
Martin Lesky

Im Advent führen uns die Lesungen immer wieder auf eines hin:, dass Gottes Liebe und Zuneigung allen Menschen gilt, ganz besonders aber jenen, die am Rande stehen, die einsam, verlassen, krank, ausgeschlossen und verachtet sind.
Besonders die Hungrigen, die Durstigen, die Fremden, die Obdachlosen, die Nackten, die Kranken, und die Gefangenen (vgl. Mt 25,35-40) – die Menschen in Not – stellt Jesus immer wieder in die Mitte seines Wirkens (vgl. Mk 3,3; Joh 8,3).
„Was ihr für einen meiner geringsten Schwestern oder Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." (Mt 25,40) Orientierung an Jesus ist unausweichlich verbunden mit der Solidarität, mit dem Teilen und mit dem Mitteilen mit und zu den Menschen unter uns, nicht in freier Beliebigkeit, sondern in der Art und Weise Jesu Christi. Keine Menschen ausschließen, das ist Jesus wichtiger als sein eigenes Leben.

„Und wer ist mein Nächster?" wird Jesus in Lk 10,25-37 gefragt. Der barmherzige Samariter sorgt für den überfallenen Mann. Er sorgt für ihn, indem er die Wunden versorgt und er sorgt für ihn, indem er ihm die Möglichkeit gibt, in einem Gasthaus wieder gesund zu werden. Der barmherzige Samariter ist ein Beispiel dafür, wie unkompliziert und rasch geholfen werden kann. Martin Luther King hat einmal über das Gleichnis vom barmherzigen Samariter gesagt: „Gewiss ist es unsere erste Verpflichtung, die Rolle des barmherzigen Samariters für alle diejenigen zu übernehmen, die am Wege liegengeblieben sind. Aber das ist nur ein Anfang. Eines Tages müssen wir begreifen, dass die ganze Straße nach Jericho geändert werden muss. Wahre Solidarität ist mehr als die Münze, die man dem Bettler hinwirft; Sie ist nicht so zufällig und gedankenlos. Sie kommt zu der Einsicht, dass ein Haus, das Bettler hervorbringt, umgebaut werden muss."

Wo sind wir in Gefahr Menschen auszuschließen?
Wo braucht es unser Engagement, dass unsere Gesellschaft umgebaut wird?


 

Atem.Pause am 25.11.2022 zum Thema: „Hinschauen lernen"
Martin Lesky

Bei der Berufung des Mose sagt Gott zu ihm „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört." (Ex 3,7) Der Gott der Exoduserzählung ist ein Gott, der das Klagegeschrei gehört hat, das die Aufseher aus den Sklaven herauspeitschten, und der deshalb herabgestiegen ist, um sie zu befreien und sie in ein Land zu führen, wo Milch und Honig fließen. Mose, der von Jahwe auserwählte Mann, der dieses Projekt leiten sollte, hatte seine Eignung dadurch unter Beweis gestellt, dass er seine hohe soziale Stellung aufs Spiel gesetzt und einen Ägypter wegen der Misshandlung eines Hebräers getötet hatte (Ex 2,11-15). Die Exoduserzählung macht also zur Genüge klar, dass es eine Frage der Gerechtigkeit ist, auf Seiten der Unterdrückten Stellung zu beziehen. Gott ist einer, davon erzählt die Bibel immer wieder, der nicht wegschaut, der an den Menschen nicht vorbeischaut, sondern der die Menschen in ihrer jeweiligen Situation wahrnimmt. Solidarität bzw. Hilfe für die Armen, die Ausgesonderten, die Bedrängten, die Notleidenden beginnt mit dem Hinschauen, mit dem Wahrnehmen von Leidsituationen und Not. Als Christinnen und Christen müssen wir als erstes bei Gott in die Schule gehen. Und da lernen wir in dieser Stelle, dass es unsere Aufgabe ist hinzuschauen. Nützen wir diese Adventzeit, um genauer hinzuschauen auf unsere Mitmenschen.
Ich lade Sie ein, in einer kurzen Stille darüber nachzudenken, wer mir hier als erstes einfällt.


 

Atem.Pause am 11.11.2022 zum Thema: „Licht der Welt"
Martin Lesky

Bei meiner letzten Atem.Pause war das Thema „Ihr seid das Salz der Erde." Jesus will damit auch zum Ausdruck bringen, wenn ihr nach meinem Beispiel lebt, spüren Menschen, dass ihr einen Unterschied macht. Menschen, die mir nachfolgen verändern die Welt. Ein Freund hat mir auf meine Atem.Pause geantwortet „Für mich sind Teile der Kirche derzeit auf dem Weg, keinen Geschmack mehr zu haben. Für nichts mehr richtig einzustehen, dadurch auch nicht mehr anzuecken und eher eine gefügige Masse des Zeitgeistes zu sein/werden. Der Kirche kommt das prophetische Deuten unserer Zeit zunehmend abhanden – dadurch wird sie bedeutungslos/er." Ich teile seine Meinung, dass unsere Kirche mehr prophetische Kraft braucht, dass dieses prophetische Deuten in der heutigen Zeit wichtig ist, um Zusammenhänge zu verstehen, um das Wesentliche nicht aus dem Blick zu verlieren, aber es braucht auch das konkrete Tun. Beides gehört zusammen: Das prophetische Deuten und das konkrete Tun. An beidem werden wir als ChristInnen gemessen.
Dazu passt der zweite Teil in dieser Stelle in der Bergpredigt: „Ihr seid das Licht der Welt." (Mt 5,14) Am Ende heißt es dann: „So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen." (Mt 5,16) Was heißt Licht sein für mich? Dass ich meine Talente zur Verfügung stelle, sie einsetze in Begegnungen und beim Entwickeln und Gestalten von Kirche und Gesellschaft. Mir fällt dazu eine Geschichte ein, die diese Stelle in der Bergpredigt wunderbar darstellt. Ein König will den seiner beiden Söhne zum Nachfolger machen, der eine große Halle füllen kann. Der ältere Sohn geht zu den Bauern und kauft bei ihnen die Spreu, die kaum etwas kostet und füllt damit die Halle und sagt zu seinem Vater, jetzt kannst Du mich zu deinem Nachfolger machen. Dieser wartet aber noch auf den jüngeren Sohn. Als dieser kommt, lässt er die Spreu aus der Halle entfernen und stellt eine Kerze auf. Diese leuchtet den ganzen Raum aus. Und der jüngere Sohn wird vom König als sein Nachfolger benannt.

Wo braucht es mein Licht in dieser Welt? Wo kann ich Licht sein?


 

Atem.Pause am 04.11.2022 zum Thema: „Salz der Erde"
Martin Lesky

Jesus sagt in der Bergpredigt „Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden." (Mt 5,13)
Meiner Meinung nach kann Salz nicht seinen Geschmack verlieren. Deshalb sind für mich diese Worte Jesu „Ihr seid das Salz der Erde" wie eine Liebeserklärung an uns. Einer Suppe gibt eine Prise Salz den Geschmack und beim Brotbacken brauche ich für einen großen Laib Brot einen Esslöffel Salz. Lasse ich das Salz weg oder vergesse ich es, würde sowohl die Suppe als auch das Brot fad schmecken. Dabei ist die richtige Dosierung wichtig. Interessant finde ich auch, dass im fertigen Brot das Salz nicht mehr sichtbar.
Jesus sagt: „Ihr seid das Salz der Erde." Es ist keine Aufforderung, sondern eine Feststellung. „Ihr seid das Salz der Erde" heißt für mich, von uns hängt es ab, ob das Leben Geschmack hat, von uns hängt es ab, ob diese Welt gerechter gestaltet wird, von uns hängt es ab, ob Ausgegrenzte im Blick sind.
Wenn Jesus in Mt 25 seine Zukunftsvision formuliert: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Fremde aufnehmen, Nackte kleiden, Kranke und Gefangene besuchen. Dann heißt Salz sein genau, dass Menschen spüren, dass wir uns hier engagieren, dass wir uns für Gerechtigkeit einsetzen, auch wenn unser Engagement nicht immer auf allen Fahnen steht.

Wo brauchen es von mir/uns mutige Schritte, um auf Unrechtsituationen aufmerksam zu machen? Wo kann ich/können wir Salz sein?


 

Atem.Pause am 23.09.2022 zum Thema: „Sehnsucht nach Heil"
Martin Lesky

Im Matthäusevangelium lesen wir im 14. Kapitel vom Tod Johannes des Täufers. Als Jesus davon hört, als er die Hiobsbotschaft von der Ermordung seines gleichaltrigen Verwandten, von dem Prediger, der ihn im Jordan getauft hat, hört, will er allein sein. Deshalb steht im Evangelium: „zog er sich allein von dort mit dem Boot in eine einsame Gegend zurück". Eine ganz menschliche Reaktion. Jesus ist sprachlos über das, was da geschehen ist. Wie kann ein Mensch einem anderen so etwas antun? Wie kann sich die Tochter der Herodias so etwas wünschen? „Auf einer Schale den Kopf des Täufers Johannes herbringen lassen." Entsetzt über das Böse in der Welt sucht Jesus im Alleinsein wieder den Kontakt mit der heilen Welt. Vielleicht kennen wir das auch in unserem Leben, dass wir manchmal allein sein müssen, um neue Kraft zu tanken, um zu unserer Mitte zu finden, um ausgeglichen und heil zu werden. Doch Jesus bleibt nicht lange allein. Eine große Menge von Menschen geht ihm nach und sucht ihn. Denen ist auch elend. Vielleicht kennen Sie den Spruch „Narben sind Augen". Jesus kennt seine eigene Bedürftigkeit, ihm war auch elend nach dem Tod des Johannes zumute. So kann er ihre Bedürftigkeit wahrnehmen und hat Mitleid mit ihnen. Und weil er wieder seine Kraft in der Stille gefunden hat, heilt er die Kranken.

Wo brauchen wir manchmal Orte der Stille, um uns neu zu finden und uns neu auszurichten und Kraft zu schöpfen?


 

Atem.Pause am 16.09.2022 zum Thema "glaubwürdig"
Martin Lesky

Am letzten Sonntag hatten wir Erntedankprozession. Da hat die zweite Lesung aus dem 1. Brief des Apostel Paulus an Timotheus gut dazu gepasst. Denn zuerst geht es um den Dank: „Ich danke dem, der mir Kraft gegeben hat: Christus Jesus, unserem Herrn." (1 Tim 1,12) Wie würden wir das formulieren, wenn wir dem danken der uns Kraft gegeben hat. Vielleicht so: Ich danke dem, der mir Kraft gegeben hat: Jesus Christus, der mich erlöst hat, der mir Mut macht, neue Wege zu gehen, der mir zeigt, dass der Weg der Versöhnung mich zufrieden und glücklich macht. Versuchen Sie es für sich ...
Hängen geblieben bin ich bei dieser Lesung beim Satz: Das Wort ist glaubwürdig und wert, dass man es beherzigt: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Von ihnen bin ich der Erste. (1 Tim 1,15)
Das Wort ist glaubwürdig ist bei mir nachgeklungen und ich habe mich gefragt, welche Rolle mein Glaube in meinem Leben spielt. Und da ist mir eine Idee gekommen. Am Ende des Kirchenjahres, am Christkönigssonntag, Ende November aufschreiben, was ich im letzten Jahr über den Glauben gelernt habe, wo mir mein Glaube geholfen hat, was sich in meinem Glauben verändert hat, an was ich glaube. Wenn ich das Gleiche dann ein Jahr später mache und es mit diesem Jahr vergleiche, was fällt mir auf. Ist mein Glaube in diesem Jahr gewachsen? Was hat sich verändert? Wie kann ich glaubwürdig sein? Was erwartet Jesus von mir?


 

Atem.Pause am 09.09.2022 zum Thema: „Mose und Pfingsten"
Martin Lesky

Als ich dieses Jahr am Pfingstsonntag die Lesung vom Pfingstereignis gehörte habe, bin ich gerade in unserer Kirche in Sistrans vor dem Mosefresko gestanden, bei dem der brennende Dornbusch dargestellt ist. Da habe ich mir die Frage gestellt, was hat diese Szene mit dem Pfingstereignis gemeinsam und was ist der Unterschied?
Beim Fresko ist Mose zu sehen, wie er vor dem brennenden Dornbusch kniet, die Sandalen stehen neben seinen Füßen, seine Schafe schauen unbeteiligt in andere Richtungen, bekommen also nichts mit von diesem Geschehen und Gott, der zu Mose spricht, wird in der Flamme mit den hebräischen Buchstaben Jahwe dargestellt.
Beim Pfingstereignis, wie wir es hier in der Spitalskirche am Hochaltar sehen, sind die Jünger Jesu mit Maria versammelt, beten gemeinsam und dann erscheint ihnen der Heilige Geist. „Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder." steht in der Apg 2,3.
Beiden Stellen gemeinsam ist das Feuer. Gott erscheint dem Mose im brennenden Dornbusch, bei den Jüngern Jesu und Maria sind es Feuerzungen. Gemeinsam ist auch, dass alle vom Heiligen Geist erfüllt werden bzw. von Gott einen Auftrag bekommen.
Der Unterschied ist, dass im 3. Kapitel des Buch Exodus nur Mose, also eine Einzelperson berufen wurde, beim Pfingstereignis eine Gruppe von Menschen. Dadurch konnten alle Anwesenden sie in ihrer Muttersprach hören, Parther, Meder, Elamiter usw.
Ja, in der heutigen Welt, die noch viel vielfältiger ist als zur Zeit Jesu, braucht es viele Menschen, die sich begeistern lassen, die geisterfüllt leben, die seine Botschaft weitersagen, die einsame Menschen besuchen, die sich für andere einsetzen, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen, die unsere Erde menschenwürdig gestalten, die sich beteiligen an der Sendung Jesu. Jede und jeder von uns ist gefragt und berufen. Mit jeder und jedem von uns rechnet Gott.


  

Atempause am 24.06.2022 zum Thema „Nunc Dimittis"
Martin Lesky

Im Stundengebet der Kirche wird am Ende des Tages immer das Nunc Dimittis gebetet. Es steht am Beginn des Lukasevangeliums. Der Heilige Geist offenbart einem gerechten und frommen Mann namens Simeon, dass er vor seinem Tod den Christus noch sehen wird. Als Jesus als Kind von seinen Eltern in den Tempel gebracht wird, nimmt Simeon es in die Arme und preist Gott mit den Worten: „Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel." (Lk 2,29-32)
Nachdem Jesus in Joh 15,15 sagt, dass er uns nicht mehr Knechte, sondern Freundinnen und Freunde nennt, bete ich am Abend vor dem Schlafengehen „Nun lässt du Herr, deinen Freund, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen." Hier verweile ich und denke darüber nach, wo ich während dem Tag Heil gesehen, wann mir Heil begegnet ist. Mir fallen Gespräche, Begegnungen, Erfahrungen, Erlebnisse, Worte, Briefe ein. Der junge Mann, der sich zur Bettlerin setzt, die Frau, die mit Flüchtlingen unterwegs ist, der Besucher einer alten einsamen Frau, eine Familie, die ins Gespräch vertieft unterwegs ist, eine Dankeskarte in der Kirche im Herzen der Stadt, jemand, der oder die in Vorfreude auf jemanden wartet, ein gutes und aufrichtendes Wort zur rechten Zeit. Erinnerungen vom Tag, die für mich heilsam sind, die für mich Licht sind und Heil bedeuten.
Ich lade ein, in einer kurzen Stille darüber nachzudenken, wo mir heute schon Heil begegnet ist. Und probieren Sie aus, mit diesem Gebet den Tag abzuschließen.


 

Atem.Pause am 17.06.2022 zum Thema: „Krisenzeiten"
Martin Lesky

Als Abschluss meiner letzten acht Atem.Pausen zur Frage: „Welche Kompetenzen und Haltung braucht Leitung und brauchen wir, um in Zeiten, in denen sich die Bedürfnisse der Menschen verändern, gut agieren und reagieren zu können?" mit den Bibelstellen Emmaus, Heilung eines Gelähmten, Ringen um Entscheidungen, die drei Frauen am Grab, Auszug aus Ägypten, Brotvermehrung, Mose und Jitro und die Aussendung der 12 Jünger versuche ich eine vereinfachte Zusammenfassung.

Zuerst der kommunikative Aspekt:
Gut zuhören können und ehrliches Interesse zeigen.
Fehlentwicklungen beim Namen nennen, über die Folgen reden und über Lösungen nachdenken.
Sich nicht treiben lassen von der Meinung einer Gruppe von Leuten und sich Rat holen, wenn der Streit unüberwindbar scheint oder zu große Gräben aufwirft.

Dann der persönliche Aspekt:
Die Menschen bei der Suche nach Lösungen einbeziehen, ihre Bedürfnisse im Blick haben, in die Selbständigkeit führen und die Angst nehmen.
Sich in Situationen hineindenken, um zu verstehen und zu erkennen, warum sich manche Dinge so entwickelt haben.
Ein Beispiel geben, sich mit seinen Kompetenzen, Fähigkeiten, Charismen für ein gemeinsames Ziel einsetzen und dabei Jesus nicht aus dem Blick verlieren.
Sich nicht auf eine Leitungsperson fixieren.

Der zeitliche Aspekt:
Sich Zeit nehmen, um das für und wider abzuwägen, die Hintergründe zu beleuchten und die verschiedenen Interessen, um mögliche Folgen von Entscheidungen durchzudenken.
Mehrere Perspektiven in den Blick nehmen, wenn möglich auch die Perspektive Gottes und sie einbeziehen in Prozesse und Lösungen.
Manchmal an einen sicheren Ort gehen, um sich zu sammeln, über das Erlebte und die Erfahrungen nachdenken und daraus Schlüsse und Entscheidungen treffen.

Und schließlich der inhaltliche Aspekt:
Das „warum" klären und erklären und im Blick haben.
Es braucht Transparenz, den Blick auf das Wesentliche, einen langen Atem und gute Rahmenbedingungen, um gut agieren und reagieren zu können.
Die Wertschätzung der Beteiligten im Blick haben.

Was würde passieren, wenn Kirche und Gesellschaft diese Aspekte berücksichtigen würden?


Atempause am 10.06.2022 zum Thema „Aussendung"
Martin Lesky

Ich stelle wieder die Frage „Welche Kompetenzen und Haltung braucht Leitung und brauchen wir, um in Zeiten, in denen sich die Bedürfnisse der Menschen verändern, gut agieren und reagieren zu können?

Im Lukasevangelium wird in Kapitel 9 von der Aussendung der 12 Jünger berichtet (Lk 9,1-6). In dieser Stelle fallen mir drei Aspekte auf, die mir bei dieser Frage weiterhelfen.
In Vers 2 heißt es: „Und er sandte sie aus, das Reich Gottes zu verkünden und die Kranken gesund zu machen." Kurz und prägnant wird hier das Wesentliche erklärt, das Warum. Um das geht es Jesus. Um das muss es uns gehen. Reich Gottes verkünden heißt immer wieder nachdenken, was das für mich persönlich und für die gesamte Welt heißt. Haben Sie darüber schon einmal mit einer Freundin oder einem Bekannten gesprochen? Ich versuche eine Antwort: Jeder Mensch ist gleich viel Wert, weil wir Gott ebenbildlich sind. Deshalb braucht es einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe egal welcher Hautfarbe und Nationalität, deshalb braucht es Gleichberechtigung. Es geht um die Ermöglichung eines Lebensraumes, in dem ich keine Angst haben muss, in dem ich Fehler machen darf, ohne gleich abgeurteilt zu werden. Es geht um die gerechte Verteilung der Güter auf dieser Erde, um den Ausgleich zwischen Arm und Reich. Es geht darum, Umkehr und Versöhnung zu ermöglichen. Es geht darum, Wege zu finden und zu gehen, die alle Menschen frei machen. Die Kranken gesund zu machen ist dann schon die Konkretisierung von Reich Gottes.
In Vers 3 gibt Jesus genaue Anweisungen für den Weg: „Nehmt nichts mit auf den Weg ..." Wenn das Ziel formuliert ist braucht es noch klare Rahmenbedingungen, Anweisungen für den Weg, die Mut machen, zumutbar sind und die, wie hier die Jünger, losgehen, starten lassen.
Als drittes fällt mir einige Zeilen weiter in Vers 10 auf, wie Jesus mit ihnen bei ihrer Rückkehr umgeht. „Die Apostel kamen zurück und erzählten Jesus, was sie alles getan hatten." Jesus nimmt sich Zeit für sie, lässt sie erzählen, von ihren Erfahrungen berichten. Anschließend zieht er sich sogar mit ihnen allein in eine Stadt zurück. Das heißt für mich Wertschätzung. Sich Zeit nehmen, Interesse zeigen, erzählen lassen, nachfragen, gemeinsame Zeit verbringen.
Das Wesentliche erklären, Klarheit auf dem Weg und Zeit für Wertschätzung, das sind wichtige Kompetenzen und Haltungen in Zeiten von Umbrüchen. Was fällt Ihnen noch dazu ein?


 

Atempause am 03.06.2022 zum Thema „Auszug"
Martin Lesky

Ich stelle weiterhin die Frage „Welche Kompetenzen braucht Leitung und brauchen wir, um in Zeiten, in denen sich die Bedürfnisse der Menschen verändern, gut agieren und reagieren zu können?

Im Buch Exodus wird beschrieben, wie Mose für das Volk Recht spricht. Die Leute mussten dazu von Morgen bis Abend anstehen. (Ex 18,13-25)
Das erste, was mir in dieser Stelle auffällt ist, dass der Schwiegervater des Mose, der kurz zuvor als Gast zu Mose kommt und der diese Situation sieht, zuerst einmal in einer Frage diese Situation benennt. „Was soll das, was du da für das Volk tust? Warum sitzt du hier allein und die vielen Leute müssen vom Morgen bis zum Abend vor dir anstehen?" Jitro, der Schwiegervater des Mose, beschreibt in seiner Frage die Situation, die er wahrnimmt. Es geht darum, Unrechtsituationen, eingespielte Fehlentwicklungen zu erkennen, zu verstehen und die oder den Verantwortlichen mit einer Frage die Möglichkeiten geben, sich zu erklären. Das tut Mose dann auch: „Weil das Volk zu mir kommt, um Gott zu befragen. Wenn sie einen Streitfall haben, kommt er zu mir. Ich entscheide zwischen ihnen und teile ihnen die Gesetze und Weisungen Gottes mit."
Das zweite, was mir auffällt, ist die folgende Zurechtweisung des Schwiegervaters. „Es ist nicht gut, wie du das machst." In der alten Einheitsübersetzung steht sogar: „Es ist nicht richtig", es ist also falsch! Wenn uns das jemand sagt, dann werden wir hellhörig oder wir gehen in Verteidigungsposition. Aber Jitro lässt das nicht einfach so stehen, sondern er erklärt das warum: „So richtest du dich selbst zugrunde und auch das Volk." Er benennt die Folgen dieses Handelns. Und er fügt auch noch einfühlsam hinzu: „Das ist zu schwer für dich; allein kannst du es nicht bewältigen."
Als drittes bietet Jitro eine Lösung an. Er sagt Mose, dass dieser nicht seine Haltung ändern muss: „Vertritt du das Volk vor Gott!", sondern den Weg dorthin. Suche im Volk nach tüchtigen, gottesfürchtigen und zuverlässigen Menschen und delegiere ihnen die leichteren Fälle. Vertraue ihnen, gib das, was zumutbar ist ab, übertrage ihnen Verantwortung, ermächtige und bevollmächtige sie, zwischen den Menschen und zu Gott hin zu vermitteln. Welch aktuelles Bild für die heutige Kirche.

Ich lade ein in einer kurzen Stille über diese dreifache Klärung nachzudenken: Dinge, Fehlentwicklungen beim Namen nennen und darüber ins Gespräch kommen, diese Dinge auf den Punkt bringen und die Folgen aufzeigen und Lösungen anbieten.


 

 

Atempause am 27.05.2022 zum Thema „Brotvermehrung und Seewandel"
Martin Lesky

Zur Zeit schaue ich mir in den Atem.Pausen Bibelstellen an, in denen Gruppen Übergänge und veränderte Situationen erleben. Dabei stelle ich mir die Frage „Welche Kompetenzen brauchen wir und braucht Leitung, um in Zeiten, in denen sich die Bedürfnisse der Menschen verändern, gut agieren und reagieren zu können?

Bei der wunderbaren Brotvermehrung und dem Seewandel im Johannesevangelium (Joh 6,1- 21) fallen mir vier Aspekte auf. Als Jesus sieht, dass so viele Menschen zu ihm kommen, fragt er Phillipus: „Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?" (Joh 6,5) Der erste Aspekt ist, die Menschen bei der Suche nach Lösungen einzubeziehen, sie mit den Problemen konfrontieren. Jesus bekommt vorerst auf diese Frage nach dem „Wo" keine Antwort. Phillipus beantwortet diese Frage mit dem Geld, das nicht ausreichen würde, für so eine große Menge Brot zu kaufen. Andreas antwortet auf diese Frage mit dem Hinweis auf einen kleinen Jungen mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen. Reinhard Körner hat dies einmal so erklärt, dass dies eine Redewendung in der damaligen Zeit für die fünf Bücher Mose und die beiden Prophetenbücher war. Denn dann haben wirklich alle genug und dann bleiben 12 Körbe, also genug für die 12 Stämme Israels übrig. Dies ist der zweite Aspekt: Den Blick weiten auf das, was die Menschen wirklich brauchen, ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Hier geht es um die geistige Nahrung, um die Heilsgeschichte, um Inhalte, die für das Zusammenleben wichtig sind.
Als Jesus erkennt, dass sie ihn zum König machen wollen, zieht er sich auf einen Berg zurück. Jemanden zum König machen heißt, sich abhängig machen. Ein König zeigt den Weg, nimmt Entscheidungen ab, gibt die Richtung vor. Jesus will aber, dass die Menschen selber denken, selbständig sind, ihren eigenen Weg gehen.
Und schließlich als die Jünger Jesu am Abend über den See fahren, kommt ein heftiger Sturm und sie sehen, wie Jesus sich dem Boot über dem See näherte. Da fürchten sie sich und Jesus ruft ihnen zu: „Ich bin es; fürchtet euch nicht!" (Joh 6,20) Diese Kompetenz ist in Zeit von Umbrüchen und Krisen wichtig: Den Menschen die Angst nehmen, damit sie frei atmen und sich weiterentwickeln können. Angst schränkt ein, verhindert Entwicklung, führt in Abhängigkeit. Deshalb gibt es immer wieder Parteien, die mit der Angst Politik machen.

Die Menschen bei der Suche nach Lösungen einbeziehen, den Blick auf die Bedürfnisse der Menschen wenden, in die Selbständigkeit führen und die Angst nehmen, das sind wichtig Kompetenzen in Umbruchzeiten. Wenn Sie weiterdenken, was fällt Ihnen noch dazu ein?


 

Atempause am 20.05.2022 zum Thema „Auszug"
Martin Lesky

Heute gehe ich wieder der Frage nach: „Welche Kompetenzen brauchen wir, um in Zeiten, in denen sich die Bedürfnisse der Menschen verändern, gut agieren und reagieren zu können?

Im Buch Exodus 14,1-31 geht es um die Rettung im Roten Meer. Der Auszug aus Ägypten lebt in der Erinnerung des Volkes Israel als das grundlegende Heilsereignis des Anfangs. Ägypten bedeutet Knechtschaft. Das Schilfmehr oder Rotes Meer hätte für Israel den Tod bedeutet, wenn Gott nicht eingegriffen hätte.
Das erste, was mir in dieser Stelle auffällt, ist das kluge und strategische Handeln Gottes. Und Gott erklärt sein Handeln, er erklärt das warum. „dann will ich am Pharao und an seiner ganzen Streitmacht meine Herrlichkeit erweisen und die Ägypter sollen erkennen, dass ich der Herr bin." (Vers 4) Jede und jeder soll verstehen, warum Gott so an seinem Volk handelt. Gott will vollkommene Transparenz.
Als zweites fällt mir auf, dass das Volk Angst bekommt, weil die ägyptische Streitmacht herankommt. Wie reagiert Moses? Er beruhigt das Volk: „Fürchtet euch nicht ... schaut, wie der Herr euch heute rettet." Moses beruhigt und lenkt den Blick auf das Wesentliche. Und dieses Wesentliche macht neuen Mut, lässt weitergehen, gibt eine neue Perspektive, die durch die Angst aus den Augen verloren wurde.
Ein drittes fällt mir auf: „Der Herr sprach zu Mose: Was schreist du zu mir?" Nachdem Moses von Gott den Auftrag bekommt, streckt er seine Hand über das Meer. So spaltet sich das Wasser und trocknet aus, sodass die Israeliten auf trockenen Boden durchs Meer gehen können. Einerseits begegnet uns hier ein lästiger Moses, der einen langen Atem hat, um sich für das Volk einzusetzen, anderseits schafft er die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Rettung.
Es braucht Transparenz, den Blick auf das Wesentliche, einen langen Atem und gute Rahmenbedingungen, um gut agieren und reagieren zu können.

Eine Frage, die mir beim Vorbereiten eingefallen ist, möchte ich für die folgende Stille stellen: „Wo muss ich mich bewähren? Wo zeigt sich in meinem Leben, dass ich Christ/in bin?


 

Atem.Pause am 13.05.2022 zum Thema: „die drei Frauen am Grab"
Martin Lesky

Zur Zeit schaue ich mir in den Atem.Pausen Bibelstellen an, in denen Gruppen Übergänge und veränderte Situationen erleben. Dabei stelle ich mir die Frage „Welche Kompetenzen brauchen wir, um in Zeiten, in denen sich die Bedürfnisse der Menschen verändern, gut agieren und reagieren zu können?

Heute lese ich in Mk 16,1-8 von den drei Frauen am leeren Grab: „Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben." Es sind dieselben Frauen, die gesehen haben, wie Jesus stirbt (Mk 15,40). Die Zeuginnen dieses grausamen Todes haben sich vorgenommen, den Leichnam des Freundes zu salben. Wahrscheinlich waren sie traurig und verzweifelt, so wie wir es nach dem Tode eines lieben Menschen wären. Als sie in aller Früh zum Grab kommen, ist der sehr große Stein weggewälzt.
Das erste, was die drei Frauen machen, ist „hinblicken", „suchen". Die erste Kompetenz, die sie uns zeigen ist: Genau hinschauen, was da passiert, hinter die Dinge schauen, um sie zu verstehen.
Das zweite ist, dass sie hineingehen. Wir müssen uns in Situationen hineindenken, um sie zu verstehen und zu erkennen, warum sich manche Dinge so entwickeln. Dann bekommen wir so wie die drei Frauen eine Antwort. Im Grab sitzt ein junger Mann mit einer unglaublichen Botschaft: „Jesus ist auferstanden." Mit dieser Botschaft bekommen sie auch einen Auftrag: Zu den Jüngern und zu Petrus gehen und ihnen sagen, dass Jesus vorausgeht nach Galiläa.
Weiter heißt es: „Da verließen sie das Grab und flohen." Erst einmal wegrennen und in ein sicheres Zuhause flüchten. Das meint an einen sicheren Ort gehen, um sich zu sammeln, über das Erlebte und die Erfahrungen nachdenken und daraus Schlüsse und Entscheidungen für sein Leben ziehen. Auch dies ist eine Kompetenz. Sich an einen Kraftort zurückziehen, auf einen Berg gehen, um das Leben zu reflektieren und sich neu auszurichten.

Ich lade ein, in einer kurzen Stille darüber nachzudenken, welche Kompetenzen Ihnen noch einfallen, die in solchen Zeiten hilfreich sind.


 

Atem.Pause am 06.05.2022 zum Thema: „das Ringen um Entscheidungen"
Martin Lesky

Welche Kompetenzen müssen wir entwickeln, um in der Pandemie auf veränderte Bedürfnisse zu reagieren? Welche Antworten finden wir dazu in der Bibel? Heute lese ich in der Apostelgeschichte 15,1-12:
Es kommen einige Leute und sagen „wenn ihr euch nicht nach dem Brauch des Moses beschneiden lasst, könnt ihr nicht gerettet werden." Nachdem jede und jeder gerettet werden möchte fangen die Leute an nachzudenken und es entsteht Streit. Da beschlossen sie, zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem zu gehen. Hier sehe ich den ersten Aspekt für uns: Sich nicht treiben lassen von der Meinung einer Gruppe von Leuten, auch nicht von den Lauten, sondern sich Rat holen bei der nächsten Instanz, wenn der Streit unüberwindbar scheint oder zu große Gräben aufwirft.
Die Apostel und Ältesten treten zusammen, um die Frage zu prüfen. Ein anderer Aspekt bei Entscheidungen wird sichtbar: Sich Zeit nehmen, um das für und wider abzuwägen, die Hintergründe zu beleuchten und die verschiedenen Interessen, um mögliche Folgen von Entscheidungen durchzudenken.
Aber auch auf dieser Ebene, bei den Aposteln und Ältesten entsteht ein heftiger Streit. Da steht Petrus auf und zeigt auf die Perspektive Gottes. Die Frage ist die gleiche wie am Beginn: Was muss ich tun, welche Bedingungen braucht es, um gerettet zu werden? Und seine Antwort ist klar. „Wir glauben im Gegenteil, durch die Gnade Jesu des Herrn, gerettet zu werden. Es braucht keine Leistung, es braucht keine Beschneidung, sondern allein die Liebe Jesu rettet uns. Ein dritter Aspekt wird deutlich: Mehrere Perspektiven im Blick haben und sie einbeziehen in Prozesse und Lösungen.
Welche Aspekte, welche Kompetenzen entdecke und sehen Sie noch, die wichtig sind, um in Krisenzeiten auf veränderte Bedürfnisse zu reagieren?


 

Atempause am 29.04.2022 zum Thema „Heilung eines Gelähmten"
Martin Lesky

In der Apg 3,1-11 wird von der Heilung eines Gelähmten berichtet. Petrus und Johannes gehen zur Gebetszeit in den Tempel hinauf. Da wird ein Mann herbei-getragen, der von Geburt an gelähmt war, damit er beim Eingang betteln kann. Und dann kommen Petrus und Johannes in den Tempel.
Wenn ich diese Bibelstelle mit der Frage lese, welche Bedeutung hat sie für die Leitung, so fällt mir der erste Satz von Petrus auf: „Sieh uns an!" Petrus will eine neue Perspektive eröffnen, vielleicht sogar einen Perspektivenwechsel herbeiführen. Petrus will damit sagen, schau auf unser Leben, schau auf unser Zusammensein, auf unser gemeinsames Beten. In der vorhergehenden Bibelstelle steht: „Sie verkauften Hab und Gut und teilten davon allen zu, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel ... und sie lobten Gott." (Apg 2,46-47) Schau auf unser Beispiel und lass dich von diesem inspirieren.
Als sich der Gelähmte ihnen zuwendet und erwartet etwas von ihnen zu bekommen sagt Petrus: „Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jeus Christi, des Nazoräers, steh auf und geh umher!" Für Leitung heißt das, wissen, was ich zu bieten habe und auch das benennen, was ich nicht geben kann. Meine Kompetenzen, Fähigkeiten, Charismen zur Verfügung stellen, um heiles Leben, Heilung und Gerechtigkeit zu ermöglichen. Und dabei immer auf den verweisen, der uns seine Liebe schenkt, der uns erlöst hat, damit wir so agieren können.
Diese beiden Fähigkeiten sind für Leitung wichtig: Ein Beispiel geben und sich für ein gemeinsames Zeil einsetzen und dabei Jesus, der uns Leben schenkt und uns erlöst nicht aus dem Blick verlieren.
Welchen Aspekt von Leitung haben Sie noch im Blick? Mehr hören Sie bei der nächsten Atem.Pause nächste Woche.


 

Atempause am 22.04.2022 zum Thema „Emmaus"
Martin Lesky

Am Ostermontag lesen wir jedes Jahr die Erscheinung Jesu auf dem Weg nach Emmaus (Lk 24,13-35). Ich habe mich einmal gefragt, was Jesus wohl den Jüngern gesagt hat – Reinhard Körner hat mir auf diese Frage mit einem Bild geantwortet: Wenn ein Feuer ausgeht und die Glut länger steht, dann ist sie mit Asche zugedeckt. Jesus hat sozusagen die Asche weggeblasen und die Glut war wieder da. Ein schönes Bild, was da mit den Jüngern passiert ist.
Vor kurzem habe ich diese Stelle mit folgenden Fragen gelesen: Was haben die Jünger bei Jesus gelernt? Was sagt diese Stelle über die Jünger Jesu aus? Und welche Haltungen und Fähigkeiten finde ich bei den Jüngern und bei Jesus, die für Leitung in Übergängen wichtig ist?
Ich habe diese Stelle schon oft gelesen und meditiert. Aber mit diesen Fragen ist mir auf einmal wieder etwas Neues aufgegangen, über das ich bisher drübergelesen habe. Die Jünger sind auf dem Weg nach Emmaus. Jesus ist nicht mehr bei ihnen, der, auf den sie sich total verlassen haben. Das mag sie verunsichern. Aber sie reden miteinander. Das ist das erste, was sie von Jesus gelernt haben: Über die Dinge reden, die ihnen begegnen. Das lesen wir bereits im Markusevangelium. Nachdem die Jünger von Jesus ausgesandt wurden und wieder zu ihm zurückkehrten, berichteten sie ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. (Mk 6,30) Jesus nimmt sich Zeit, um mit den Jüngern über ihre Erfahrungen zu reden. Und als sie jetzt auf dem Weg nach Emmaus miteinander über all das redeten, was sich ereignet hatte und ihre Gedanken austauschten kommt Jesus dazu. Und was macht Jesus? Er fragt nach: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Jesus fragt zweimal nach und hört gut zu. Miteinander reden und gut zuhören, das sind wichtige Haltungen und Fähigkeiten für uns ChristInnen, das sind wichtige Haltungen, die für Leitung in Übergängen wesentlich sind.
Welche Haltungen und Fähigkeiten für Leitung sind für Sie noch wichtig?


 

Atempause am 11.02.2022 zum Thema „Was mein Leben reicher macht"
Martin Lesky

Ein Freund von mir schickte mir vor kurzem einige Antworten auf die Frage: „Was mein Leben reicher macht". Er hat in der Zeitung „Die Zeit" dies als Rubrik entdeckt. Jede Woche erscheinen dort Antworten. Es hat mich inspiriert, verschiedenen Leuten diese Frage zu stellen. Zuerst noch einige Antworten aus der Zeit:
„Dass mein inzwischen 80-jähriger Vater kleine Tannen pflanzt, die er dann – so in 20 Jahren – als Weihnachtsbaum ins Haus holen will ..." (Oliver)
„Als meine Mutter starb, übernahm ich ihren Weihnachtskaktus und schenkte meinem Sohn einen Ableger davon. Nun warte ich jedes Jahr auf seinen freudigen Anruf: ‚Seit heute blüht die Oma!'" (Herbert)
„Das Licht des Tages zu hören, bevor ich es sehe: Die Sonne knipst den Tag zuerst in den Vögeln an." (Manfred)
„Die drei Rosenknospen vom Balkon, die drinnen in der Vase groß aufgeblüht sind." (Ellen)
Dann die Antworten von Leuten aus meinem Bekanntenkreis:
„Der Übergang vom Tag zum Abend mit dem Farbenspiel am Himmel. Und wenn ich Menschen sehe, die von Herzen sagen, schön, dass ich dich sehe." (Maria)
„Jede schöne Begegnung, jedes gute Wort im Miteinander, das Schönste die Verbundenheit von Mensch zu Mensch spüren." (Hildegard)
„Lumi, meine 16 Monate alte Enkelin, kommt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, umarmt mich, drückt sich an mich. Spontan, ohne Hintergedanken, einfach so. Wunderschön. Als ob mich das Leben umarmen würde. Spüre: das Leben ist gut." (Bernhard)
Was macht dein/ihr Leben reicher?


 

Atempause am 04.02.2022 zum Thema „Reduktion"
Martin Lesky

Was wäre, wenn Wissenschaftler eindeutig feststellen würden, dass die zunehmenden Umweltkatastrophen Folge unserer Luftverschmutzung, dem Verbrennen von Öl, Gas, Holz usw. ist, dass die Klimaerwärmung und der Klimawandel auf unseren Flug- und Individualverkehr zurückzuführen ist, würden wir dann auf unsere Mobilität verzichten?
Ich nehme wahr, dass wir unsere Gewohnheiten nur schwer oder mit großem Kraftaufwand verändern können. Wenn wir z. B. in einen größeren Wohnraum umsiedeln und uns nach mehreren Jahren wieder auf einen kleineren Wohnraum beschränken müssen, oder wenn wir ein größeres Auto kaufen und nach einiger Zeit wieder auf ein kleineres Auto umsteigen, so ist das nicht leicht, oder wenn wir im Urlaub jedes Jahr in ein anderes Land fliegen und es dann wie jetzt durch Corona auf einmal nicht mehr geht.
Wo gibt es positive Beispiele für Reduzierung, wo haben wir Lernfelder der Reduktion? Mir fällt als erstes die Fastenzeit ein. Wir verzichten für 40 Tage auf Fleisch, auf Alkohol, Süßigkeiten, fernsehen, oder wir leben vegan. Es ist ein begrenzter Zeitraum. Aber was ist danach, wie leben wir danach weiter? Was kann unser Leben nachhaltig verändern?
Einerseits kann eine Gruppe hilfreich sein. Mir fällt die Weggemeinschaft ein, in der wir uns regelmäßig treffen und wo die Nachfrage beim nächsten Treffen zwei Wochen später oder einen Monat später guttut. Andererseits kann hilfreich sein, wenn uns jemand erinnert. Bei den Jesuiten hat jede Führungskraft einen Admonitor, eine Person, die regelmäßig nachfragt und hinterfragt. So wie es in der Geschichte „Für wen gehst du?" (Buber Martin, Der Wächter, in: Die Erzählungen der Chassidim, Zürich, 1949, 671) erzählt wird. Wie oder von wem wollen wir erinnert werden? Wo kennen wir Geschichten, wo Reduzieren gelungen ist?


 

 

Atempause am 28.01.2022 zum Thema „Heute"
Martin Lesky

Beim Lesen des Evangeliums vom kommenden Sonntag ist mir der erste Satz besonders aufgefallen: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt." (Lk 4,21) Der Satz beginnt mit „Heute". Dieses vorangestellte „Heute" finden wir in den Evangelien nur bei Lukas. Es sind fünf Stellen. Neben dieser Stelle kommt es noch in Lk 2,11 vor, als der Engel den Hirten verkündet: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren." In Lk 5,26 sagen die Leute als Reaktion auf die Heilung eines Gelähmten: „Heute haben wir unglaubliches gesehen." In Lk 19,9 sagt Jesus bei der Begegnung mit dem Zöllner Zachäus: „Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden." Und in Lk 23,43 sagt Jesus bei der Kreuzigung zu dem einsichtigen Verbrecher: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein."
Fünf Sätze, die mit „Heute" beginnen und alle etwas Bedeutendes, etwas Außergewöhnliches ankündigen. Fünf Sätze, die Heilsgeschichte verdeutlichen. Von der Geburt über das Kommen und die Bedeutung von Jesus, von der Reaktion zu den Konsequenzen der Begegnung mit Jesus bis zum Himmelreich. Welchen bedeutenden Satz würden Sie jetzt mit dem Wort „Heute" beginnen lassen? Ein Satz der mit Heute beginnt und unser Leben mit der Heilsgeschichte Gottes verbindet.
Mit dem heutigen Kurzvideo der Reihe „Spirit4u: ins Leben gehen" von Theresia Stonig würde dieser Satz lauten: Heute erzähle ich jemanden von einer berührenden Gotteserfahrung.
Der Satz könnte auch lauten: Heute gehe ich auf einen Menschen zu, der oder die mir auffällt und frage ihn/sie wie es ihm/ihr geht.
Wie würden Sie Ihren Satz formulieren? Heute ...


  

Atempause am 21.01.2022 zum Thema „Fragen stellen"
Martin Lesky

Fragen zu stellen ist der einfachste Weg, um ins Gespräch zu kommen. In der Organisationsentwicklung spricht man davon, dass die richtigen Fragen Prozesse in Gang bringen. Auch Jesus stellt immer wieder Fragen. Ich habe gehört, dass in den Evangelien 271 Fragen Jesu aufgeschrieben sind. Welche Frage Jesu ist für mich wichtig? Ich habe hier einige Fragen Jesu herausgeschrieben: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?" (Mt 16,26) Oder: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?" (Mt 7,3) Oder: „Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?" (Mt 8,26).
Für mich war lange Zeit die Frage Jesu an Bartimäus: „Was willst du, dass ich dir tue? (Mk 10,51) am wichtigsten, weil dadurch eine Begegnung auf Augenhöhe stattfinden konnte. Diese Frage hat mir diese Stelle immer mehr aufgeschlossen. Der blinde Bettler, der am Wegrand hat und nichts zu sagen hat in der Gesellschaft, Jesus, der die Menschen um sich auffordert sich zu ändern, indem sie ihn rufen sollen. Und dann die Begegnung auf Augenhöhe. Immer noch eine Lieblingsstelle von mir. Heute würde ich sagen, dass mir die Frage: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" (Mt 16,15) fast noch wichtiger ist. In einer Zeit, in der Kirche und Glaube sehr stark in Frage gestellt werden, ist die Frage nach Jesus, nach seiner Bedeutung für unser Leben sehr wichtig. Ich möchte immer mehr über diese Frage ins Gespräch kommen, immer wieder Möglichkeiten schaffen, darüber zu reden, das zum Thema zu machen.
Ich schreibe mir gerne Fragen in mein Notizbuch, die ich höre oder die ich mir stelle. Da steht z.B. Wo reduziert Jesus auf das Wesentliche? Welche Themen interessieren junge Menschen? Was ist die Sehnsucht der Menschen, was bewegt sie heute? Was gibt mir Halt im Leben? Woher kommt das Leben? Welchen Anspruch habe ich an Kirche? Wie oder wodurch kannst du bei uns glücklich werden? Wie könnte eine heilsame Kirche ausschauen? Wie können wir zu einer missionarischen Kirche werden? Wie können wir neue Jünger*innen für Jesus gewinnen?
Vielleicht braucht es manchmal, dass wir bei so vielen Fragen uns auf eine Frage reduzieren, damit wir diese gut beantworten können und dann zur nächsten gehen. Was ist deine Frage, der du heute nachgehen willst?


 

Atempause am 26.11.2021 zur Frage „Welche Bedeutung hat der Glaube für mein Leben? (4)" Martin Lesky

Mit dieser Frage war ich längere Zeit unterwegs. Ich habe verschiedene Leute befragt, Frauen und Männer, bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten, und habe ganz unterschiedliche Antworten bekommen. Heute, sozusagen zum Abschluss des Kirchenjahres, zum vierten und letzten Mal stelle ich diese Frage und lasse zwei Frauen und zwei Männer zu Wort kommen:

Annette:
Die persönliche Beziehung zu Gott ist für mich das Wichtigste. Daraus kommt alles andere.

Marlene:
Der Glaube ist für mich ein Anker, eine Hoffnung, dass es mehr gibt im Leben. Ich muss nicht alles jetzt schon in diesem Leben erleben.

Josef:
Der Glaube gehört dazu zu Jesus Christus. Der Glaube an Jesus Christus ist täglich lebensbestimmend. Sonst würde das Leben nicht weitergehen nach dem Tod.

Martin:
Der Glaube an Gott trägt mich, ist für mich Fundament. Erlernt und in die Wiege gelegt durch meine Eltern, verändert durch verschiedenen Menschen, die mir in meinem Leben begegnet sind. Viele Lebensentscheidungen habe ich getroffen, weil ich in meinem Glauben verwurzelt bin, weil der Glaube mir Halt gibt.

Fragen sind wichtig und ermöglichen Gespräche. Welche Frage ist wichtig und richtig genau jetzt in meinem Leben? Und welche Frage bringt mich weiter im Glauben, lässt mich einen Schritt tiefer in mein Leben eintauchen? Welche Frage würdest du stellen?


 

Atempause am 19.11.2021 zum Thema „Ich bin"
Martin Lesky

Im Sonntagsevangelium vom kommenden Sonntag, dem Christkönigssonntag sagt Jesus: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege." Joh 18,37 Für mich ein zentraler Satz im Evangelium. Das ist wesentlich für Jesus, um das geht es! Die weltliche oder politische Macht – zur Zeit haben wir mehr denn je den Eindruck, dass es dort keine Wahrheit gibt, dass sie sich schwer tun, Standpunkte zu finden, die zukunftsweisend sind, dass sie kaum Entscheidungen treffen, die auch für die nächsten Generationen gutes Leben ermöglicht – diese Macht wird vergehen, aber die göttlich Liebe hat Bestand.
Mich erinnert dieses Wort Jesu an die sieben „Ich bin" Worte von Jesus:
Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nicht hungern und wer an mich glaubt, wird nie mehr dürsten. (Joh. 6,35)
Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Joh. 8,12)
Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und die Weide finden. (Joh. 10,9)
Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. (Joh. 10,11)
Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist. (Joh. 11,25)
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater als nur durch mich. (Joh. 14,6)
Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Weingärtner. (Joh. 15,1)
Diese „Ich bin" Worte erinnern mich zuerst an den brennenden Dornbusch, wo Gott dem Mose erscheint. Auf die Frage nach dem Namen antwortet Gott mit den Worten „Ich bin der ich bin." (Ex 3,14) Jesus nimmt also mit den „Ich bin" Worten den Namen Gottes in Anspruch.
Wir können uns fragen, warum Jesus nicht sagt, ich bringe euch das Brot, sondern „Ich bin das Brot des Lebens". Jesus gibt uns damit eine neue Perspektive. Er lenkt unseren Blick auf sich, um aus einer berechnenden Welt, die immer fragt, „Was bringt es mir?" auszubrechen.
Wo können und müssen wir aus scheinbar Vorgegebenen, aus Abläufen, die immer schon so waren oder die jemand irgendwann einmal eingeführt hat, ausbrechen? Wo brauchen wir eine neue Perspektive?


 

Atempause am 12.11.2021 zum Thema „Welterschöpfungstag"
Martin Lesky

Am Donnerstag, 29. Juli 2021 war der Welterschöpfungstag. Die Menschheit hat sozusagen von 1.1.2021 bis 29.07.2021 so viel Energie verbraucht, wie das ganze Jahr an natürlich nachwachsenden Ressourcen zur Verfügung steht. Die restliche Zeit bis 31.12. muss sie demnach von den Reserven der Erde leben.
Am Freitag, 30. Juli 2021 haben die Glocken der katholischen Kirchen für den Welthunger geläutet.
Was hat der Welthunger mit dem Klimawandel zu tun? Die Hungernden können sich weder ein Auto, noch einen Flug, geschweige denn Güter der Industrie kaufen. Die Armen sind die, die am wenigsten für den Klimawandel beitragen, aber am meisten darunter leiden.
Es ist die Unmäßigkeit der Reichen, von uns, die zum Klimawandel führt. Der einzige Ausweg wäre ein Verzicht der Reichen auf die Rohstoffe bzw. eine Reglementierung dieser Ressourcen.
Der heilige Martin ist uns hier ein Vorbild und gibt uns eine Antwort auf die Frage nach der Lösung dieser Probleme. Der heilige Martin verschenkt seinen halben Mantel an den Bettler, der am Wegrand sitzt. Er reduziert sich und wird dadurch reich beschenkt. Ihm begegnet Jesus Christus im Traum. Das Beispiel des heiligen Martins soll uns ermutigen zu reduzieren. Wenn wir „Reichen" unseren Verkehr um 50 Prozent reduzieren würden, 50 Prozent weniger mit dem Auto, 50 Prozent weniger mit dem Flugzeug, usw. dann hätten wir gute Chancen den Klimawandel zu stoppen.
Welche Lösung sehen Sie?


 

Atempause am 05.11.2021 zur Frage „Welche Bedeutung hat der Glaube für mein Leben?" Martin Lesky

Werner Mühlböck, Geschäftsführer der Tiroler Hospizgemeinschaft:
Glaube ist eine Hilfe im Navigieren unseres Lebens durch die Zeit, in die wir hineingestellt sind. Daher ist es auch eine permanente Aufgabe der Kirche, die Zeit zu deuten und die Zeichen der Zeit zu erkennen. Tut sie das nicht, wird sie Be-deutungs-los. Die Zeit zu deuten braucht Mut und Prophetie. Letzteres geht der Kirche zunehmend verloren.
Für mich persönlich ist mein Glaube eine Gnade (ein Geschenk) zum Wachhalten meiner Ahnung, dem großen Geheimnis näher zu kommen und liebend, glaubend und hoffend ein positiver Teil der Ewigkeit zu sein. Dies hilft mir in der Hinwendung zu dem, was Bedeutung hat – unabhängig vom Zeitgeist.

Sr. Elisabeth Senfter, Gemeinschaft der Seligpreisungen:
Der Glaube an Jesus, an Gott ist die Mitte von mir und meinem Leben. Er ist ständiges Wachstum, ständiges Reifen, ständiges Kämpfen. Der Glaube gibt mir tiefe Freude und tiefe Erfüllung.

Gail Anderson, Sängerin:
Ich brauche den Glauben, um zu überleben. Es ist schön zu wissen, dass Gott, unser Vater uns lieb hat und uns immer Kraft gibt, jetzt, genau in diesem Moment.

Welche Bedeutung hat der Glaube für Ihr Leben? Jetzt, genau in diesem Moment?


 

Atempause am 29.10.2021 zur Frage „Welche Bedeutung hat der Glaube für mein Leben2?" Martin Lesky

Welche Bedeutung hat der Glaube für mein Leben? David Steindl-Rast antwortete auf diese Frage in einem Email: „Mein Glaube an Jesus Christus ist das größte Geschenk, das meine Eltern mir ins Leben mitgegeben haben. Die ersten Gebete hat meine Großmutter mich gelehrt. Sie war nicht nur tief im Glauben verwurzelt, er hat in ihr auch reiche Früchte der Nächstenliebe getragen. Im Volksschulalter durfte ich in diesen Glauben – in der Form von Kultur und Brauchtum katholischer Volksfrömmigkeit im niederösterreichischen Preinertal – ganz spielerisch hineinwachsen. In den ersten Gymnasialklassen dann, in der Neulandschule, lernte ich die Gläubigkeit der katholischen Jugendbewegung kennen und wurde davon mit Leib und Seele erfasst und begeistert."
Dieser Glaube gab ihm sicheren Halt. Seine Studentenseelsorger ermutigten ihn, Fragen zu stellen, und die Antworten, die sie gaben, überzeugten ihn. Diese gaben aber auch ehrlich zu, wenn sie keine Antwort hatten.
„Durch eine Predigt des Dominikaners P. Diego Götz wurde meine lebenslange Begeisterung für das Geheimnis des dreieinigen Gottes ausgelöst, und P. Walter Schücker von Stift Heiligenkreuz öffnete mir durch sein eigenes Beispiel und durch Bernhard von Clairvauxs Kommentar zum Hohen Lied den Zugang zu christlicher Mystik."
Nach seiner Auswanderung in die USA war es wieder der christliche Glaube, der ihm inmitten eines schweren Kulturschocks Halt gab. Im Benediktinerkloster Mount Saviour begegnete ihm der Glaube in seiner ihm vertrauten mitteleuropäischen Ausdrucksform, ein Stück Heimat mitten in der Fremde, stark geprägt von Karl Rahner.
„Benediktinische Spiritualität wurde für mich die Form des christlichen Glaubens, in der ich mich bis heute am meisten zuhause fühle.
Als David Steindl-Rast mit dem interreligiösen Dialog beauftragt wurde, musste er sich nun mit nicht-christlichen Glaubensformen auseinandersetzen. Dabei wurde ihm langsam die Rolle einer allen Menschen gemeinsamen Gläubigkeit bewusst. „Das Herz jeder Religion ist diese Religion des Herzens – unsre lebenslange Auseinandersetzung mit dem großen Geheimnis, das wir „Gott" nennen und zu dem wir unsre tiefste Ich-Du-Beziehung leben können. Als die Wurzel des Glaubens erkenne ich jetzt dieses allen Menschen zugängliche Gottvertrauen. Da wurzelt letztlich auch mein christlicher Glaube."


 

Atempause am 22.10.2021 zur Frage „Welche Bedeutung hat der Glaube für mein Leben1?"
Martin Lesky

Welche Bedeutung hat der Glaube für mein Leben? Dieser Frage möchte ich in den nächsten Atem.Pausen nachgehen. Dazu habe ich Kontakt zu Freunden, Bekannten aufgenommen, teilweise schriftliche, teilweise habe ich sie interviewt. Ich möchte hier ihre Antworten zu Wort kommen lassen und lade dazu ein, welche Antwort würde ich auf die Frage geben: „Welche Bedeutung hat der Glaube für mein Leben?"

Pfarrer Walter Stöffelmair, 87:
Mein Inhalt, mein Lebensinhalt. Ohne den Glauben wäre ich nicht der ich bin. Der Glaube befähigt mich zu Dingen, die ich gar nicht gedacht habe, dass ich sie kann. Mein Glaube führt mich auf den richtigen Weg.

Pfarrer Andreas Tausch:
Der Glaube hat in meinem Leben in jeder Phase eine neue Bedeutung. Durch den Glauben habe ich seelische Gesundheit gefunden, der Glaube führt mich immer neu zu Menschen, der Glaube schenkt mir Hoffnung, die großen Probleme zu lösen, und der Glaube lässt mich jeden Tag in großer Gelassenheit leben.

P. Reinhard Körner:
Unter "Glaube" verstehe ich: Bei Jesus (dem von damals, der jetzt als der Auferstandene lebt) in die Schule zu gehen - mit ihm und seinem Abba-Gott leben. Dieser "Glaube" bedeutet mir nicht nur "etwas" für mein Leben - er ist mein Leben. Mit Weniger kann ich mir mein Leben nicht mehr vorstellen.


 

Atempause am 15.10.2021 zum Thema „Vater unser"
Martin Lesky

Als kleiner Bub kann ich mich erinnern, dass meine Mutter jeden Abend zu mir ans Bett beim Einschlafen kam und mit mir gebetet hat – mein Herz ist klein, kommt niemand hinein, als du mein liebes Jesulein. Was ich nicht ahnen konnte war, dass meine älteren Geschwister später am Abend, als ich schon schlief, miteinander das „Vater unser" gebetet haben. Vor der Erstkommunion war ich dann alt genug. Meine Mutter lernte mir das „Vater unser" und dann durfte ich aufbleiben und mit den „Großen" mitbeten. Wir waren zu fünft im Kinderzimmer und so haben wir fünf Kinder mit meiner Mutter jeden Abend das „Vater unser" gebetet, wenn meine Oma im Krankenhaus war, oder als mein Opa starb, da haben wir zwei „Vater unser" hintereinander gebetet. So wurde für mich das „Vater unser" Gebet zu einem Lebensbegleiter und es gibt kaum einen Tag in meinem Leben, an dem ich es nicht gebetet habe.
Dabei verändern sich meine Gedanken beim Beten. Jedes Wort, jede Bitte hat für mich eine Bedeutung. Zur Zeit erschließt sich für mich beim Beten ein innerer Aufbau. Es beginnt mit „Vater" – wir dürfen Gott ganz persönlich ansprechen. Wenn ich an meinen Vater zurückdenke, an viele Gespräche, wie er mich die ersten Schritte ins Leben begleitete. Auch mit Gott haben wir eine ganz persönliche Beziehung.
Dann das unser – wir sind alle gleich vor Gott, ob Mann oder Frau, ob Kind oder Erwachsener, ob farbig oder weiß, ob Inländer oder Ausländer. Vielleicht sollten manche Hardliner in der Kirche oder auch Politiker hier aufhören zu beten, weil sie das unser nicht wirklich ernst meinen.
Im Himmel, nicht einer von uns, sondern uns allen gleich. Andererseits braucht es manchmal auch den Blick über uns hinaus.
Geheiligt werde dein Name – wenn wir das, was wir bisher gebetet haben „Vater unser im Himmel" leben, indem wir diese Gleichheit der Menschen leben, indem wir Flüchtlinge aufnehmen und integrieren, indem wir auf die Schöpfung achten, dann heiligen wir den Namen Gottes.
Dein Reich komme - dann wird sein Reich unter uns Menschen Wirklichkeit
Dein Wille geschehe – dann geschieht sein Wille, so wie im Himmel als auch bei uns.
Unser tägliches Brot gib uns heute – dazu gibt uns Gott Nahrung, damit wir an seinem Reich mitbauen können. Brot ist ein Urwort, in dem sich alles, was wir zum Leben brauchen, sammelt. Gott gibt uns Nahrung für den Leib und für die Seele.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern – die wohl großartigste Botschaft ist die Vergebungsbereitschaft Gottes und diese braucht es, damit wirkliche Gemeinschaft entstehen.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen – wenn wir keine Versuchung mehr und das Böse überwunden haben, dann sind wir bei Gott.

So baut für mich jede Bitte auf die vorherige auf bzw. erschließt sich aus der vorherigen ... Ich lade ein, das Vater unser einmal so zu beten ...

 


 

Atempause am 09.07.2021 zum Thema „Tiple M"
Martin Lesky

Vor einigen Jahren war in den österreichischen Medien die Rede davon, dass Österreich seine Top Bewertung Triple A verlieren könnte. Diese Bewertung bestimmen die US-Ratingagenturen Moody's, Fitch und Standard & Poor's. Dabei bestimmen diese Bonitätsstufen, zu welchen Zinssätzen sich ein Staat Geld leihen kann. Die Bonitätsstufe AAA ist das bestmöglichste Rating. Unternehmen und Staaten, die dieses Rating erhalten, gelten als besonders seriöse und bonitätsstarke Schuldner, die aufgenommene Kredite ohne Zahlungsverzug zurückzahlen können. Diese Bewertung bevorzugt Reiche und benachteiligt Arme. Denn Länder und Unternehmen mit einer niederen Bonitätsstufe B, C oder sogar D bekommen schlechtere Konditionen bei Krediten.
Was wäre, wenn wir ein TripleM einführen würden? M für Menschlichkeit. Mit dieser Bewertung würden wir Fragen beantworten wie „Wie gehen wir mit Menschen am Rand unserer Gesellschaft um?" oder „Wie gastfreundlich sind wir gegenüber Flüchtlingen? Wie offen sind wir für die Aufnahme gestrandeter Menschen?" oder „Welche Bestrebungen gibt es, heimatlose Menschen bei uns zu integrieren?" oder „Welche Zukunftschancen bieten wir jungen Menschen?" oder „Wie können wir einen Ausgleich zwischen armen und reichen Ländern erreichen? Wie können wir die Ausbeutung von armen Ländern stoppen? Wie können wir an einer gerechteren Weltordnung bauen?" oder „Wie können wir nachhaltig Frieden in der Welt entwickeln? Wie können wir aus der unseligen Rüstungsindustrie aussteigen?" An diesen beispielhaften Fragen zeigt sich eine Kultur eines ehrlichen Umgangs miteinander, daran zeigt sich christliches Verhalten.
Auch als Kirche müssen wir uns diesen Fragen stellen. Denn es geht darum, eine Kirche wachsen zu lassen, die Gott und den Menschen nahe ist. Eine Kirche, die menschlicher wird, die nicht müde wird, gegen Menschenrechtsverletzungen ihre Stimme zu erheben, wenn nötig jeden Tag, bis sich Grundlegendes verändert. Die ihre ganze Energie dafür einsetzt, dass unsere Welt menschenwürdiger wird, damit der Himmel auf Erden heute schon spürbar wird. Dazu wird es synodale Prozesse, Prozesse der Beteiligung auf Augenhöhe brauchen.
Ich lade ein, in diesem Sommer darüber nachzudenken, wie wir uns in Österreich und wie wir in der Kirche die Top Bewertung TripleM verdienen könnten.


 

Atempause am 18.06.2021 zum Thema „Warum heute noch Jesus nachfolgen?"
Martin Lesky

Warum heute noch Jesus nachfolgen? Diese Frage habe ich einem Religionslehrer, einer Mutter, die aus der Kirche ausgetreten ist, einer Pastoralassistentin, einer Theologin, einem Priester gestellt.
Faszinierende Antworten:
„Wegen der Bergpredigt! Da ist das ganze Leben drin. Deine Beziehung und dein Verhalten gegenüber dir, den Menschen und zu Gott. Das Leben lieben, die Gesellschaft weiterentwickeln und auf das Wesentliche schauen."
„Hat mit dem Thema Gemeinschaft zu tun und weil der Glaube Kraft, Halt und Stärke im Leben gibt."
„Viele Probleme unserer Zeit werden wir, wenn wir auf ihn hören, leichter lösen. Jesus zeigt uns die Wege aus der Krise oder den Umgang mit Krisen."
„Ist eine gute Frage. Weil es nach wie vor aktuell ist, heilende, gemeinschaftsstiften-de und versöhnende Beziehungen zu gestalten und zu leben."
„Weil er für mich der genialste Typ ist, der jemals auf der Welt gelebt hat und seine Botschaft hat die Kraft, die Welt zu verändern."

Was ist da noch hinzuzufügen? Jesus hat uns mit seinen Reden und seinem Tun gezeigt, wie Leben gelingen kann. Entgegen einem großen Egoismus, den ich in unserer westlichen Welt immer wieder wahrnehme, Menschen denen der Urlaub wichtiger ist als ein gutes Miteinander, kommt es darauf an, wie wir aufeinander zugehen, die Menschen am Rand der Gesellschaft integrieren, Flüchtlinge aufnehmen und Heimat geben. Dies sagt uns Jesus eindeutig in Mt 25: Hungrigen zu essen geben, Durstigen zu trinken, Fremde aufnehmen, Nackte bekleiden, Kranke und Gefangene besuchen. Was mich fasziniert ist, dass ich immer wieder Menschen begegne oder von Menschen höre, die über sich hinauswachsen, die einfach für Menschen da sind, wo sonst keiner hilft, die zu Menschen gehen, wo niemand mehr hingeht, die gewaltlos leben ... Ob bei Ärzte ohne Grenzen, bei Jugend eine Welt, bei der Caritas ... Sie zeigen mir, was es heißt, heute noch Jesus nachzufolgen.

Was würden Sie auf die Frage „Warum heute noch Jesus nachfolgen?" antworten? Ich lade Sie ein, in einer kurzen Stille darüber nachzudenken.


 

Atempause am 04.06.2021 zum Thema „Glaubenszeugnis und Sendung?"
Martin Lesky

Beim letzten Worshipgottesdienst in der Spitalskirche wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach der Predigt eingeladen, über die Spuren, die sie hinterlassen und über ihr gesendet sein nachzudenken. Dazu waren auf der Rückseite von vorbereiteten Füßen zwei Fragen geschrieben, die wer wollte beantworten konnte und im Mittelgang auf bunten Tüchern, die einen Weg darstellten, auflegen konnte. Die Fragen lauteten:
1. Wann und wo habe ich Zeugnis für meinen Glauben gegeben?
2. Wohin bin ich gesendet? Wo kann ich etwas bewirken?

Einige der spontanen Antworten auf die beiden Fragen lauten:
„Ich kann jeden Tag was bewirken, indem ich gute Worte an Freunde und Bekannte weitergebe!"
„Ich lebe nach dem wundervollen Grundsatz: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, so gut es geht! Ich kann bei meiner kleinen Familie viel bewirken."
„In der Familie, wenn ich glücklich bin, wenn ich Wasserball spiele, wenn ich freundlich bin, im Du! Auf dem Weg."
„In der Weggemeinschaft, im Engagement für Flüchtlinge, indem ich die wichtigen Fragen stelle, durch ein offenes Ohr, indem ich genau hinhöre."
„In den Gruppenstunden, bei Gesprächen mit jungen Menschen, in der Familie, in der Pfarre."
„Bei jungen Eltern anlässlich der Taufe. Indem ich bei einer Erneuerung und im Aufbau einer neuen Grundhaltung durchhalte."
„Indem ich auch an meine Mitmenschen denke und sie nach Möglichkeit unterstütze, durch ein aufrechtes Leben."
„Bei der Firmung, im Gasthaus, in der Familie, in der Schule, im Seelsorgeraum."
„Auf Facebook und Instagram, bei Freunden, im alltäglichen Gebet."
„Bei der Erziehung der Kinder, indem ich die Freude des Glaubens nähre, überall in den kleinen Dingen."
„Durch die Weitergabe von Liebe und Ehrlichkeit."
Diese Vielfalt in den Antworten fasziniert mich. Ist uns das in unserem Leben immer bewusst, wann und wo wir Zeugnis geben und wohin wir gesendet sind?

Ich lade ein, über diese beiden Fragen nachzudenken:
1. Wann und wo habe ich Zeugnis für meinen Glauben gegeben?
2. Wohin bin ich gesendet? Wo kann ich etwas bewirken?


 

Atempause am 28.05.2021 zum Thema „Wozu braucht es Kirche?"
Martin Lesky

Bei der Predigt am Pfingstsonntag hat ein Pfarrer die Frage gestellt „Wozu braucht es Kirche?" Er beantwortete diese Frage mit drei Stichworten: zum Friedenstiften, zur Verkündigung und zur Vergebung. Beim Nachdenken über diese Antwort habe ich mir gedacht: Wenn das das Ziel der Kirche wäre, dann müssten wir ganz anders agieren, dann müssten wir Friedensstifter*innen ausbilden, dann würden unsere Gottesdienste anders ablaufen, dann würden wir die Frauenfrage in der Kirche anders behandeln ...
Ich habe versucht, die Frage „Wozu braucht es Kirche?" für mich zu beantworten. Ein erster Versuch brachte mich auf drei Elemente: „Gott den Menschen bewusst machen, eine Kultur der Dankbarkeit pflegen, und die Sorge, dass die Armen/Benachteiligten nicht vergessen werden."
Eine zweite Überlegung von mir führte zum Satz: „Neue Wege denken und gehen, um Menschen mit Gott in Berührung zu bringen."
Dann habe ich bei verschiedenen Zusammenkünften mehrere Leute gefragt, mir eine spontane Antwort auf die Frage „Wozu braucht es Kirche?" zu geben:
„Um die Liebe Gottes in der Welt erfahrbar und sichtbar zu machen."
„Weil Kirche ein Gleichnis für eine Gemeinschaft ist, weil Gruppen durch ihr Leben ausdrücken, dass Gott Gemeinschaft ist und Gemeinschaft stiftet."
„Um ein stückweit die Heiligkeit erfahrbar zu machen, die der Mensch nicht geben kann."
„Für das Wachhalten des Himmels."
„Das Wozu drückt sich aus in den Früchten des Geistes, in denen die Liebe Gottes aufleuchtet."
Die letzte Antwort bekam ich bei einem Telefongespräch: „Um mit den Menschen gemeinsam Gott zu entdecken, dort wo sie leben und in ihrem Leben."
Mich fasziniert, was sich durch diese Frage bewegt hat, welche Antworten ich bekommen habe und wie sich diese Frage mit jeder Antwort weiterentwickelt hat. Ich lade ein, diese Frage mit anderen Menschen zu teilen und weiterzudenken.
Wozu braucht es Kirche?


 

Atempause am 21.05.2021 zum Thema „Pfingsten"
Martin Lesky

Komm, Heilger Geist, der Leben schafft
1. Komm, Heil'ger Geist, der Leben schafft, erfülle uns mit deiner Kraft.
Dein Schöpferwort rief uns zum Sein: Nun hauch uns Gottes Odem ein.
2. Komm, Tröster, der die Herzen lenkt, du Beistand, den der Vater schenkt;
aus dir strömt Leben, Licht und Glut, du gibst uns Schwachen Kraft und Mut.
3. Dich sendet Gottes Allmacht aus, in Feuer und in Sturmes Braus;
du öffnest uns den stummen Mund und machst der Welt die Wahrheit kund.
4. Entflamme Sinne und Gemüt, dass Liebe unser Herz durchglüht
und unser schwaches Fleisch und Blut in deiner Kraft das Gute tut.
5. Die Macht des Bösen banne weit, schenk deinen Frieden allezeit.
Erhalte uns auf rechter Bahn, dass Unheil uns nicht schaden kann.
6. Lass gläubig uns den Vater sehn, sein Ebenbild, den Sohn, verstehn
und dir vertraun, der uns durchdringt und uns das Leben Gottes bringt.
7. den Vater auf dem ewgen Thron und seinen auferstandnen Sohn,
dich, Odem Gottes, Heilger Geist, auf ewig Erd und Himmel preist.
"Komm, Heilger Geist"; ist ein Hymnus zum Heiligen Geist ("Hymnus de Spiritu Sancto"). Er stammt aus dem 9. Jahrhundert und geht textlich auf den heiligen Rhabanus Maurus zurück.

Welches Bild beschreibt dieses bekannte Lied, das wir wahrscheinlich schon oft gesungen haben? „Erfülle uns mit deiner Kraft", „du gibst uns Schwachen Kraft und Mut", „du öffnest uns den stummen Mund und machst der Welt die Wahrheit kund", „und unser schwaches Fleisch und Blut in deiner Kraft das Gute tut". Es beschreibt unsere Sehnsucht in den Heiligen Geist, der in unser konkretes Leben kommt. Und das feiern wir zu Pfingsten.
Ich lade ein zu einem Perspektivenwechsel. Was wenn der Heilige Geist immer da ist. Nur wir bieten ihm zu wenig Landeplätze, weil wir uns mit allen möglichen Dingen beschäftigen und so überhaupt keine Zeit haben für den Heiligen Geist, ihn vielleicht auch nicht in unserem Alltag suchen. Was wenn es nur auf uns ankommt, dass er in uns wirken kann.
Wie können wir uns ihm öffnen, damit wir seinen Anruf wahrnehmen können. Ich lade ein, zu Pfingsten auch ruhige Stunden einzuplanen, bei einem Spaziergang in die Natur, bei einem Besuch in eine Kirche, einem Gespräch mit einem besonderen Menschen, beim Lesen eines guten Buches, beim Schlafengehen für den Tagesrückblick und das Abendgebet. Schaffen wir Raum für den Heiligen Geist, damit er in uns wirken kann. Von Friedrich Maria Rintelen (1899 - 1988), Bischof von Paderborn hörte ich, dass er einmal sagte: „Früher konnte ich mit dem Heiligen Geist nichts anfangen, heute sagt er Friedrich zu mir." Lassen wir es Pfingsten werden.


 

Atempause am 14.05.2021 zum Thema „Warum braucht es Innovation?"
Martin Lesky

Warum braucht es Innovation in der Kirche?

Wir kennen wahrscheinlich alle den Spruch von Lothar Zenetti:
„Frage 100 Katholiken, was das Wichtigste ist in der Kirche; sie werden antworten: die Messe. Frage 100 Katholiken, was das Wichtigste ist in der Messe; sie werden antworten: die Wandlung. Sage 100 Katholiken dass das wichtigste in der Kirche die Wandlung ist. Sie werden empört sein: Nein, alles soll bleiben wie es ist!"

Dies erlebe ich immer wieder in unseren Gemeinden und auch auf verschiedenen Ämtern in der Kirche, dass alles so bleiben soll wie es ist. Die Anzahl und die Uhrzeit der Gottesdiensten in den Gemeinden, die Prozessionen und die Abläufe, die wir schon lange so gewohnt sind ... Wie schaut es also mit Erneuerung in der Kirche aus? Welchen Stellenwert hat Innovation? Dazu habe ich verschiedene Personen in der Kirche befragt:
„Innovation ist wichtig, um jede Form der Stagnierung zu verhindern."
„Menschen verändern sich, Gesellschaft verändert sich, Kirche verändert sich. Innovation ist wichtig, dass Kirche eine Rolle spielt. Dazu muss sie sich mitbewegen mit den Menschen."
„Innovation heißt für mich, etwas bewirken und verändern können in der Kirche."
„Der Heilige Geist inspiriert Menschen in der Kirche. Es geht darum, Platz bzw. Raum zu schaffen, damit Neues aufbrechen kann."
„Jugend ist Innovation. Kirchenraum für Jugendliche erlebbar machen."
„Einen Blick in die Zukunft zu richten."
„Wenn ein See keinen Zufluss und keinen Abfluss hat, beginnt er zu stinken. Damit das in der Kirche nicht passiert braucht es Innovation."
„Geeigneten Rahmen schaffen und Menschen finden, wo sie sich verwirklichen können."
„Wenn es keine Innovation gibt, verharren wir im Alten, es erstarrt und es gibt nichts Neues."
„Innovation ist wichtig, damit Glaube lebendig bleiben kann. Weil es Spaß macht, mit Menschen und jungen Menschen Glauben zum Thema zu machen."
„Um eine größere Reichweite für die Liebe Gottes zu erreichen."

In Jesaja 43,19 heißt es: „Seht her, nun mache ich etwas Neues. / Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe / und Straßen durch die Wüste."
Wie wichtig ist Ihnen Innovation in der Kirche? Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich für Innovation einzusetzen?


 

Atempause am 07.05.2021 zum Thema „Pharisäer"
Martin Lesky

Wir kennen die Redeweise „Du Pharisäer!" Es bedeutet du Heuchler: Mir erzählst du, dass du sie nicht leiden kannst, und ihr gegenüber tust du, als ob sie deine beste Freundin sei.
Die Pharisäer waren zur Zeit Jesu die stärkste Partei im Judentum. Benannt wurden sie nach dem hebräischen Wort Perusch, was so viel bedeutet wie auslegen, interpretieren oder absondern. Sie setzten sich mit leidenschaftlichem Eifer für das genaue Einhalten aller Gesetze ein, die in den fünf Büchern Mose aufgeführt waren. Sie waren davon überzeugt, dass sie auf diese Weise dazu beitragen konnten, dass Gott den versprochenen Retter, den Messias schickt. Paulus gehörte vor seiner Bekehrung der Partei der Pharisäer an. Die Pharisäer waren gebildet, konnten lesen und schreiben und kannten sich daher in den religiösen Schriften aus. Sie waren aber nicht nur religiös aktiv, hielten alle Gesetze und Gebote peinlich genau ein, sondern sie waren auch in sozialen Fragen des Gemeinwesens aktiv, spendeten regelmäßig einen Teil ihres Einkommens und nahmen sich der Armen in der Stadt an. Sie waren von vielen geachtete Leute.
Jesus veranschaulicht uns in einem Beispiel, wie ein Pharisäer denkt: „Der Pharisäer stellte sich (im Tempel) hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens." (Lk 18,11-12)
Der Pharisäer steht also für einen heuchlerischen, selbstgerechten Menschen. Einer, der fromm tut und sich selbst über andere Menschen erhebt.
Martin Werlen schreibt in seinem Buch: „Raus aus dem Schneckenhaus! Nur wer draußen ist, kann drinnen sein." Freiburg im Breisgau 2020: Es geht darum, diese Haltung des Pharisäers zu entdecken, die in jedem Glaubenden auftreten kann. Diese Versuchung gibt es in allen Religionen! Wer der pharisäischen Versuchung erliegt steht Gott im Weg und den Menschen.
Kennen wir diese Neigung in unserem Leben oder fallen uns Menschen ein, die so wie dieser Pharisäer ticken? Wie gehen wir mit ihnen um?


 

Atempause am 30.04.2021 zum Thema „Propheten"
Martin Lesky

Wir kennen alle verschiedene Propheten im Alten Testament. Mir fallen Mose, Amos, Samuel, Elia, Joel, Habakuk, Jona, Micha, Maelachi, Hosea ein. Es sind vielfach Männer, aber es hab auch Propetinnen, wie Miriam, Deborah oder Hulda.
Die Prophetinnen und Propheten waren Vorbilder. Sie sollten das Volk wachrütteln, Missstände aufdecken, und außerdem die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ansprechen. Das Volk sollte durch ihren Wandel erfahren, wie sich Gott das Leben vorstellt. Doch es waren normale Menschen, wie Du und ich.
Was kennzeichnet einen Propheten/eine Prophetin? Sie hören auf die Stimme Gottes. Sie bekommen von Gott eine Eingebung, durch einen direkten Anruf wie bei Samuel, oder durch einen Traum wie bei Jeremia, durch das Studium im Wort wie bei Daniel. Diese Offenbarung geben sie dem Volk weiter. Gott will durch sie das Volk wachrütteln.
Mir fällt der Prophet Amos ein, der in Israel im 8. Jahrhundert vor Christus gelebt hat. Damals lebten die Wohlhabenden auf Kosten der sozial Schwachen, die Verehrung Gottes wurde auf einen Kult reduziert, es gab ein rücksichtsloses Gewinnstreben in der Wirtschaft. Amos klagt diese Zustände an, die des Gottesvolkes unwürdig sind. In Amos 5,24 sagt er: „Das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach."
Diese Zustände aus der Zeit des Propheten Amos erinnern an die heutige Zeit. Aber was hat sich verändert? Jesus, der Sohn Gottes ist in die Welt gekommen mit einer wunderbaren Botschaft. „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm." (1 Joh 4,16b) Das hat die Welt verändert. Aber wird z.B. die Bergpredigt wirklich gelebt? Auch wenn es keine Propheten im alttestamentlichen Sinn mehr gibt, so brauchen auch wir heute Propheten. Menschen, die die Wirklichkeit wahrnehmen, die auf Gott hören, sich von ihm inspirieren lassen, die auf die Missstände in unserer Gesellschaft hinweisen, die aufzeigen, dass Gerechtigkeit mehr ist als Ansehen, Nächstenliebe mehr ist als Besitz, gutes Leben für alle mehr als Reichtum und Wohlstand, Integration von Menschen auf der Flucht und Heimat geben mehr als Egoismus. Ja, es gibt diese Prophetinnen und Propheten in unserem Land. Aber sie werden nicht immer gehört.
Ich lade ein darüber nachzudenken, wo es uns als Prophetinnen und Propheten braucht.


 

 

Atempause am 23.04.2021 zum Thema „Welche Zweifel habe ich?"
Martin Lesky

Im Johannesevangelium hören wir im 20. Kapitel von einer neuerlichen Erscheinung Jesu. „Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh mein Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben." (Joh 20,26-29) Jesus begegnet dem Thomas, der den Berichten der anderen Jünger nicht glaubt positiv und offen. Er lässt den Zweifel des Thomas zu und bietet ihm genau das an, was er für seinen Glauben braucht. Jesus stellt sich dem Zweifel und den Frage des Thomas und dadurch kann der Jünger Thomas in seinem Glauben wachsen und kommt dadurch zu diesem herausragenden Bekenntnis: „Mein Herr und mein Gott!"
Ich habe einige Jugendliche und Lehrer*innen gefragt, ob sie mir die Zweifel und Ängste vor allem von jungen Leuten sagen können. Erschreckend war für mich eine erste Aussage, dass die jungen Menschen keine Fragen und Zweifel mehr haben, weil die Kirche zu weit weg ist von ihren Lebenswelten. Von einem Religionslehrer, der sein Schüler*innen befragte, bekam ich folgende Fragen und Zweifel: Die Geschichte, dass Gott die Welt in 7 Tagen erschaffen hat, ist nicht wahr, da denke ich, dass auch andere Geschichten nicht wahr sein könnten. Warum können Frauen keine Priester werden? Die Ereignisse dass man die Menschen ausgenutzt hat (Ablasshandel). Wenn man nicht aufpasst als Christ, kann es gut sein, dass man wieder ausgenutzt wird. Muss ich an Gottesdiensten etc. regelmäßig teilnehmen, um ein Teil der katholischen Kirche zu sein/zu bleiben? (1mal Beichte im Jahr, 1mal Kommunion im Jahr) Warum legt sich die Kirche immer auf etwas fest? Warum gibt es so selten Reformen in einer so schnelllebigen Zeit? Wieso lacht man fast nie in der Kirche/während der Gottesdienst? Woher weiß man, dass Adam und Eva wirklich die ersten Menschen waren? Niemand hat damals lesen und schreiben können. Nach welchen Kriterien beurteilt Gott, ob ein Mensch ein schlechtes oder gutes Leben geführt hat? Was sind wir Menschen für Gott? Sind wir Werkzeuge? Ist einer Schlitz-, einer Kreuzschraubenzieher und einer ein Akkuschrauber? Sind wir alle gleich viel wert? Wieso gibt es so viele Kreuze in der Kirche, obwohl das Kreuz als Symbol ja hauptsächlich für den Tod steht? Die Auferstehung ist lediglich die Folge auf die Kreuzigung. Bei diesen Fragen und Zweifel der jungen Leute können wir ansetzen, können wir beginnen in einen Dialog zu treten. Nur wenn wir uns den Zweifeln und Fragen in Bezug auf Glaube und Kirche stellen können wir im Glauben wachsen.

Was sind Ihre Fragen und Zweifel? Stellen wir uns, so wie Jesus bei der Wanderung nach Emmaus, den Fragen, den Zweifeln,  damit so unser Glaube wachsen kann.


 

Atempause am 16.04.2021 zum Thema „Warum ist Jesus am Kreuz gestorben"
Martin Lesky

Bei der letzten Atem.Pause letzten Freitag habe ich von der Bedeutung von Emmaus für unser Leben gesprochen. Dabei habe ich von einem Knackpunkt erzählt: Auf dem Weg nach Emmaus hat Jesus den beiden Jüngern erklärt, warum alles so hat passieren müssen, warum Jesus am Kreuz hat Sterben müssen, was der Plan Gottes ist. Ist uns heut noch bewusst, warum Jesus am Kreuz hat sterben müssen? Ich möchte dieser Frage nachgehen. Aber wen frage ich da am besten? Meine Familie? Leute, die ich im Bus treffe? Meine Kolleginnen und Kollegen auf der Arbeit? Meine Freundinnen und Freunde? Beim Nachdenken, wem ich diese Frage stellen könnte, merke ich, wie ungewöhnlich es ist, Fragen des Glaubens im öffentlichen Raum zu stellen. Trotzdem frage ich mehrere Personen bei verschiedenen Treffen: „Warum hat Jesus am Kreuz sterben müssen?""

„Weil Jesus die ganze Schuld der Welt auf sich genommen hat und uns zu Gottes Gerechtigkeit führen wollte."
„Um uns aus der Verstricktheit der Sünde herauszuführen in eine neue Freiheit."
„Weil er umgebracht wurde."
„Weil er geliebt hat bis zum Ende, weil seine Liebe unendlich groß war."
„Weil das die Hinrichtungsart für Verbrecher der damaligen Zeit war." Für welche Verbrechen ist Jesus gekreuzigt worden? „Für Gotteslästerung"
„Um die Auferstehung möglich zu machen, um den Tod zu überwinden."
„Weil es weiter geht, nicht mit dem Tod aus ist, weil es ein Signal der Hoffnung ist."
„Um uns zu erlösen."

Ich merke, dass meine Frage manche Menschen in ein kurzes Nachdenken bringen, dass dann von allen eine Antwort kommt. Manche haben sofort geantwortet, als ob sie auf die Frage gewartet hätten. Manche haben nachgefragt, was würdest du antworten. Aus diesen Reaktionen möchte ich Mut machen, über diese und andere Glaubensfragen ins Gespräch zu kommen.

Welche Antwort würdest Du auf die Frage geben, warum Jesus am Kreuz hat sterben müssen?


 

Atempause am 09.04.2021 zum Thema „Der Weg nach Emmaus"
Martin Lesky

Was war der traurigste Moment in Deinem/Ihrem Leben? Für die Jünger Jesu war es wohl der Karfreitag. Jesus, ihre große Hoffnung, war grausam gefoltert und am Kreuz hingerichtet worden. Ihre Hoffnung war zerbrochen. Viele Jünger haben sich daraufhin aus Angst versteckt. Zwei dieser Jünger schlugen den Weg nach Emmaus ein.
Die beiden Jünger waren beim Reden über das Erlebte so sehr vertieft, dass sie gar nicht bemerkten, dass sich ihnen ein weiterer Weggefährte anschloss. Jesus geht bereits eine ziemliche Wegstrecke neben den Jüngern her, als er sie plötzlich anspricht: „Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?" (Lk 24,17) Einerseits ist Jesus im traurigsten Moment da, andererseits stellt Jesus den Menschen Fragen, was für ihn typisch ist. Dadurch bezieht er die Menschen ein und sie können von sich erzählen.

Jesus lässt die Jünger erzählen. Sie können ihre Sichtweise darstellen. Sie gestehen dem Fremden ihre eigene Orientierungslosigkeit. Jesus durchbricht diese Hoffnungslosigkeit, indem er eine neue Perspektive aufzeigt, indem er ihnen die Schrift auslegt. Er legt ihnen dar, dass alles genau nach Gottes Plan verläuft. Genau hier liegt der Knackpunkt. Wahrscheinlich ist auch heute vielen Menschen nicht bewusst, warum Jesus am Kreuz sterben musste. Nur dadurch konnte Jesus das Böse überwinden, die Gewaltspirale durchbrechen.

Jesus drängt sich den Jüngern nicht auf. Aber als sie ihn bitten, bei ihnen zu bleiben, lässt sich Jesus einladen. Da sitzen sie nun bei Tisch. Jesus bricht das Brot. Der Gast wird zum Gastgeber. Da erkennen die Jünger Jesus am Brotbrechen. Als die Jünger in Emmaus ankamen, waren sie bestimmt hungrig und müde. Als sie aber Jesus erkannt hatten, wich jegliche Müdigkeit von ihnen. „Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück." (Lk 24,23) Sie wollen ihre Erfahrung und Erkenntnis den anderen Jüngern mitteilen, die frohe Botschaft vom auferstanden Jesus verkünden.

Ich lade ein, über diese drei Elemente der Emmauserzählung nachzudenken:
1. In der höchsten Trauer da sein und aktivierende Fragen stellen.
2. Erzählen lassen, ins Gespräch kommen, warum Jesus am Kreuz hat sterben müssen und eine neue Perspektive aufzeigen.
3. Jesus erkennen und neue mutige Wege wagen.


 

Atem.Pause am 2.3.2021: „Wie kann ich glauben?"
Carina Mathoy

Was denkst du darüber, dass Christsein als Beziehung mit Gott bezeichnet wird?
Diese Frage habe ich meiner Klasse vor zwei Wochen im Religionsunterricht gestellt. Zwölf 16-jährige Burschen und Mädchen, die ich seit zwei Jahren kenne. Viele Menschen denken, dass Jugendliche nicht viel vom Glauben halten, dass sie zu weit weg sind und kein Interesse an tieferen Fragen haben - doch da mache ich eine andere Erfahrung: Sicherlich kann ich traditionelles Glaubenswissen wie die 10 Gebote nicht mehr voraussetzen, aber die Sinnfrage im Leben ist immer noch höchst präsent. Auch die Art den Glauben zu leben hat sich hat sich im Laufe der Zeit verändert. Darum möchte ich ein paar Gedanken meiner Schüler mit Ihnen teilen, die mich sehr beeindruckt und bewegt haben. Also noch einmal zurück zur Frage:
Was denkst du darüber, dass Christsein als Beziehung mit Gott bezeichnet wird?
Eine Schülerin schreibt: „Es ist ein gutes und sicheres Gefühl jemanden zu haben, der für viele ein Vater oder Freund ist. Man hat das Gefühl nie alleine zu sein und dass immer jemand für mich da ist."
„Der Glaube hat mich immer daran erinnert, dass man nie aufgeben soll, auch wenn es noch so schwer für einen ist, da in jedem Moment etwas Neues und Gutes auf einen zukommen könnte."
„Ich denke, dass es eine „schöne" Bezeichnung ist – eine Beziehung zu Gott zu haben. Ich denke auch, dass jeder den Weg dahin anders geht und die Beziehung mit Gott selbst anders empfindet. Eine Beziehung mit Gott bedeutet für mich persönlich nicht, dass man nur durch Beten und durch den Besuch der Kirche eine Beziehung mit ihm haben kann. Es gibt verschiedene Wege. Ich glaube, dass es wichtig ist, Vertrauen in Gott/ Jesus zu haben."
„Ich finde, wenn man Christ ist, hat man auf jeden Fall eine Beziehung zu Gott. Als Christ gehst du wahrscheinlich in die Kirche und betest auch. Gott ist immer da, wenn andere nicht da sind, auch wenn wir nicht immer glauben, dass er da ist. Die Beziehung mit Gott ist sowas wie eine Freundschaft, weil Gott immer ein offenes Ohr für dich hat. Jeder kann Christ sein, egal wie er aussieht oder wie er ist. Gott nimmt jeden auf, und zwar genau so wie derjenige ist. Gott wird dich nie verurteilen, wenn du anders aussiehst als andere, anders bist oder eine andere Meinung hast."
Was denkst du darüber, dass Christsein als Beziehung mit Gott bezeichnet wird?
Was würden Sie antworten?


 

Atempause am 26.02.2021 zum Thema „Welchen Stellenwert hat Innovation?"
Martin Lesky

Welchen Stellenwert hat Innovation in unserem Leben, in unserem Glauben, bei unserem Zusammenleben, in unserer Kirche?
Ich beginne mit einem Blick in die Bibel: In Jes 43,19 heißt es: „Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?" oder in Hosea 10,12 heißt es: „Nehmt Neuland unter den Pflug! Es ist Zeit, den Herrn zu suchen; dann wird er kommen und Gerechtigkeit auf euch regnen lassen." Gott beschreitet neue Wege mit uns und fordert uns auf, neue Wege zu beschreiten. Mir fällt dazu die Begegnung von Mose mit seinem Schwiegervater Jitro ein. Als Mose für das Volk Recht spricht und die Leute den ganzen Tag anstehen sagt Jitro zu Mose in Ex 18,17: „Es ist nicht gut, wie du das machst. So richtest du dich selbst zugrunde und auch das Volk, das bei dir ist." Und dann ändert Mose sein Verhalten und setzt Vorsteher ein, die dem Volk jederzeit als Richter zur Verfügung stehen.
Auch in den Evangelien fallen mir einige Stellen ein: Wenn Jesus zu seinen Jüngern beim Fischen sagt, sie sollen das Netz auf der anderen Seite auswerfen (Joh 21,6). Oder wenn Jesus bei der Begegnung mit Zachäus sagt: „Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben." Da geschieht etwas Unerwartetes, das ermöglicht einen Neubeginn und einen neuen Weg des Zachäus. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn erzählt Jesus von dem Vater, der ganz anders handelt, als es seine Söhne von ihm erwarten. Er ist barmherzig und innovativ. Er ermöglicht einen Neubeginn, eine Erneuerung der Beziehung zu seinen beiden Söhnen. In der Bergpredigt sagt Jesus: „Ihr habt gehört das gesagt worden ist: ... Ich aber sage euch" (Mt 5.21.27.33.38.43). Innovation ist ein Wesenszug durch das Leben und die Reden Jesu.
Auch in der Kirche hat Innovation Tradition. Mir fallen Heilige wie Franziskus oder Bischöfe wie Dom Helder Camara ein. Mir fallen Konzile wie das Tridentinum oder das 2. Vatikanum ein oder Texte des Papst Franziskus.
Innovation ist ein wesentlicher Faktor in unserem Leben, in unserem Glauben, in unserer Kirche. Innovation, Erneuerung ist wichtig, weil wir uns ändern. Denken wir darüber nach, wie wir die Lust auf Innovation fördern können, wie wir Räume öffnen können, damit Innovation möglich wird und wie Innovation wertgeschätzt wird.


 

Atem.Pause am 12.02. zum Thema „Warum braucht es heute noch Kirche?"
Martin Lesky

Was kennzeichnet die Zeit von Petrus Canisius (1521 - 1597)? Armut, hohe Kindersterblichkeit, keine Schulen, reformatorische Bewegungen, die Kirche wurde sehr stark in Frage gestellt. Die Antwort des Petrus Canisius war, dass er Bildung und Glauben zu den Menschen bringen, vielen Menschen ermöglichen wollte. Dabei forcierte er das Theaterspiel und die Gründung von Schulen.

Und heute? Wir leben in einem reichen Land, haben mehr als wir brauchen, können die ganze Welt bereisen, haben genügend Informationen. Wieder wird Kirche in Frage gestellt. Sechs Personen haben dazu eine Antwort gegeben:

„Kirche braucht es, um einander in der Nachfolge Jesu zu stärken und zu unterstützen. Jede und jeden einzelnen braucht es, um immer wieder Kirche von unten aufzubauen."
Ingrid Waibl, Religionslehrerin

„Es braucht die Kirche, damit mehr Liebe in die Welt kommt."
Harald Fleißner, Seelsorgeamtsleiter

Kirche braucht es für die Gemeinschaft - heute mehr denn ja. Kirche schenkt Geborgenheit, Zusammengehörigkeit, Einigkeit. Jesus ist mit uns im Boot und wird uns nicht alleine lassen - das Schiff das sich Gemeinde nennt ist Kirche - ist wie Familie. Und Familie bedeutet einander zu helfen und beizustehen. Nicht nur im Guten sondern auch in Schwierigkeiten und Bedrängnissen. In allen Lebenslagen ist Kirche für einen da.
Maria Schett, Dekanatsreferentin im Dekanat Sillian

„Für mich heißt die Kernbotschaft Jesu: Jede/r ist bedingungslos geliebt von Gott! Damit das durch Generationen weitergegeben und den Menschen zugesagt und zugetan wird, dazu gibt es Kirche."
Alois Gedl, Dekanatsassistent Dekanat Breitenwang

„Ich gehöre in Dankbarkeit zur Kirche, weil ich in ihr Jesus von Nazareth und die Verheißung Gottes an Israel und alle Menschen kennengelernt habe. Die Kirche braucht es, weil nur so die Kunde von Jesus Christus in der Welt bleibt, und damit die alles überbietende Hoffnung, dass die Liebe das letzte Wort in der Geschichte haben wird."
Roman Siebenrock, Universitätsprofessor für systematische Theologie an der Universität Innsbruck

Kirche braucht es zur Wertevermittlung und um in der Gemeinschaft miteinander wachsen zu können.
Regina Prem, Weggemeinschaft See

In diesen Antworten wird sichtbar, dass Kirche und Glaube Thema sein muss und zur Sprache gebracht wird. In den Weggemeinschaften, den Dialoginitiativen, den 500 Herzfeuern haben Sie die Möglichkeit, dass Kirche lebendig, und durch die Beteiligung von vielen Menschen neu erfahrbar wird.


 

Atem.Pause am 18.12. zum Thema „Veränderung"
Martin Lesky

Angesichts von Corona, Klimawandel, der Situation in den Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesbos stelle ich mir die Frage: „Ist Veränderung möglich?" Stellen Sie sich auch öfters diese Frage „Ist Veränderung möglich?" oder „Wie ist Veränderung möglich?" Vielleicht ist es einfach menschlich, dass wir alles beim Alten bewenden lassen wollen. Schon beim Auszug aus Ägypten hat es bald ein Murren des Volkes Israel gegeben. Sie wollten zurück zu den Fleischtöpfen in Ägypten. Die unbefriedigende Situation dort war nicht mehr präsent oder vielleicht bald vergessen. Und heute? Sobald der harte Lockdown vorbei ist, soll alles wieder so sein wie davor. Aber wer an Weihnachten glaubt, der glaubt an Veränderung. In der Adventzeit, der Vorbereitungszeit auf Weihnachten, hören wir in den liturgischen Lesungen viel von Umkehr und Veränderung. Johannes der Täufer verkündet eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden. Er sagt: „Ebnet den Weg für den Herrn!" Umkehren, den Weg ebnen, das sind starke Beschreibungen für Veränderung. Und dann kommt Weihnachten. Ich habe gestern mit einer früheren Mitarbeiterin telefoniert, die im Herbst ihr erstes Kind bekommen hat. Das ist eine riesige Veränderung. Auf einmal bestimmt das Kind den Tagesablauf. Auf einmal ist alles anders. Und so war es auch mit dem Leben von Maria. Die wohl größte mögliche Veränderung in ihrem Leben wird ihr durch den Engel Gabriel angekündigt. Durch die Geburt von Jesus hat sich alles in ihrem Leben verändert. Und Jesus selbst bringt uns die größte Veränderung. Jesus beschreibt uns einen neuen Weg. „Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen." (Mt 5,44) Petrus fragt Jesus, „Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Bis zu siebenmal? Jesus sagte zu ihm: Ich sage dir nicht, bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzig siebenmal." (Mt 18,21) Als die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Ehebrecherin zu Jesus bringen, antwortete er ihnen: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie." (Joh 8,7) Wir können von Jesus lernen. Veränderung ist möglich. Halten wir nicht hartnäckig an alten Bildern fest, sondern schauen wir einander immer wieder neu an und trauen wir uns zu, dass wir uns alle zum Besseren verändern können. Das ist auch mit dem Ruf zur Umkehr in den Evangelien gemeint: umdenken, neu denken, sich immer wieder verändern und die Menschen und die Welt mit neuen Augen anschauen. Jesus führt uns in eine neue Haltung ein: Es geht darum, uns immer wieder neu an dem auszurichten, worum es in der Frohbotschaft geht: die Verheißung von Leben in Fülle für alle. Dann verändert sich unser Engagement für die Flüchtlinge ...
Wo möchte ich etwas in meinem Leben verändern?


 

Atem.Pause am 27.11.2020: Thema „Was ist das Ziel unseres Lebens?"
Martin Lesky

Wo brauche ich Ziele in meinem Leben? Wenn ich eine große Prüfung bestehen will, braucht es eine gute Vorbereitung und einen Plan, wie ich vorgehe. Dann in der Arbeit, in der Familie, in der Schule, bei Hausübungen, im Haushalt – überall brauchen wir Ziele. Wer kocht zu Mittag, wer macht das Frühstück oder das Abendessen. Brauchen wir auch Ziele für unseren Glauben, für unser Leben? Ein erster Versuch diese große Frage zu beantworten könnte lauten: „Das Evangelium zu allen Menschen bringen, damit sie die Gegenwart des auferstandenen Christus und ein Leben in Fülle spüren können." Oder „In den Himmel kommen." Oder „Das Evangelium in neuer Weise verkünden." Oder „Die Not meiner Mitmenschen wahrnehmen, aufmerksam füreinander sein." Oder „Zeigen, dass das Leben mehr zu bieten hat." Oder „Tag für Tag das Beste geben." Während die ersten Ziele noch sehr abstrakt waren, sind die weiteren Ziele immer konkreter geworden. Vielleicht ist es einfacher und konkreter zuerst einmal ein Ziel für die Adventzeit zu formulieren. Die erste Lesung am ersten Adventsonntag beginnt mit den Worten „Du, Herr, bist unser Vater." (Jes 63,16b) Ein Vater geht die ersten Schritte mit seinem Kind, führt ins Leben, sorgt sich um sein Wohlbefinden. Da geht es um Beziehung. In diesen ersten Worten dieser Lesung könnte schon ein Ziel für die Adventzeit und darüber hinaus drinstecken. Weil unser Gott uns wie ein Vater ist, ein Beziehungsgott ist, suchen wir in dieser Adventzeit bewusst die Beziehung zu ihm und zu anderen Menschen. Einerseits können wir jeden Tag 10 Minuten in die Stille gehen und einfach einmal Danke sagen, für alles Schöne in der Welt, andererseits können wir uns bewusst Menschen zuwenden, die oft vergessen werden oder Menschen danke sagen, die immer für uns da sind ...
Ich möchte in dieser Adventzeit dazu einladen, dass Sie sich über die Ziele Gedanken machen und mir dann diese Ziele zumailen. Daraus könnte dann die erste Atem.Pause im neuen Jahr werden.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventzeit!


 

Atem.Pause am 20.11.2020: Thema „Wer ist Jesus Christus für mich?"
Martin Lesky

Wer ist Jesus Christus? Diese Frage gibt es seit fast 2.000 Jahren. Von Johannes dem Täufer wissen wir, dass er seine Jünger zu Jesus schickt und ihn fragen lässt: „Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?" (Mt 11,3) Jesus antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt. Jesus stellt dann selber die Frage: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?" (Mt 16,13) und dann zwei Verse später direkt an die Jünger: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" (Mt 16,15). Darauf folgt die uns bekannte Antwort des Simon Petrus: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!" (Mt 16,16) Auch wir müssen uns heute, fast 2.000 Jahre später, die Frage stellen, wer Jesus für uns ist.
Dazu habe ich wieder mehrere Personen befragt. Auf die Frage, „wer ist Jesus für mich?" bekam ich sehr inspirierende Antworten:
„Ein Unbequemer, einer der das momentan herrschende System in Frage stellt, einer der aufrüttelt, es den Menschen nicht einfach macht. Trotzdem hat er eine klare Botschaft, ein riesiges Charisma, dem man Vertrauen schenkt und folgt."
„Für mich bildet es eine alte Ikone von Taizé ab, die Jesus mit einem Freund darstellt. Ich verstehe Jesus als Freund, der die Schritte meines Lebens ganz nah begleitet. Gleichzeit ist er der Herr, der alle Aufmerksamkeit, Verehrung und Hingabe verdient."
„Herr und Gott, Erlöser und Heiland"
Für mich gibt Jesus Antwort auf die Frage nach den großen Geheimnissen des menschlichen Daseins: „Woher komme ich? Wohin gehe ich? Welchen Sinn hat mein Leben?" (Kardinal Franz König) Für mich ist Jesus die Antwort auf diese Fragen, weil er mir Gott zumutet, weil er mich in die Freiheit führt, mich aufmerksam macht, wie Leben gelingen kann, mich und alle Menschen zum Leben in Fülle führen will.
Herzliche Einladung mit anderen über diese Frage ins Gespräch zu kommen!


 

Atem.Pause am 13.11.2020: Thema „Hirte sein"
Martin Lesky

Ich möchte heute dem Bild des Hirten nachgehen. Gerade in der jetzigen Coronazeit brauchen wir gute Hirten. Was kennzeichnet einen guten Hirten? Dazu gibt es eine Antwort im Johannesevangelium: „Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme." (Joh 10,1-4)

Zuerst der Blick auf die Schafe: Wie leben Schafe, was brauchen Schafe? Sie brauchen Gras, Wasser, Salz, sie blöken, wärmen sich gegenseitig, geben sich gegenseitig Schatten. Sie sind ein Herdentier, sind neugierig – heben ganz aufmerksam ihre Köpfe und horchen, die großen achten auf die kleinen Schafe, reiben sich, fühlen sich wohl miteinander, wollen geführt werden, haben ein weiches Fell.

Dann der Blick auf den Hirten: Er kennt jedes einzelne Schaf, auch beim Namen, die Schafe kennen seine Stimme, er geht der Herde voraus, er hat einen Stock und einen Mantel, er lebt mit den Schafen. Es wird unterschieden zwischen Dieb/Räuber und Hirte. Die Diebe und Räuber geht nicht durch die Tür, hat unlautere Absichten, nimmt etwas weg, hat seinen eigenen Vorteil im Blick. Der Hirt geht durch die Tür. Er ist für die Schafe da. Er schaut, dass sie genug zum Fressen haben, genug zum Trinken, Salz haben, kümmert sich um die Schwachen, trägt das kleinste, hat genügend Zeit für sie, ist verlässlich, schützt vor Gefahren – vor Wölfen, Dieben und Räubern. Er meint es gut mit ihnen. Der Hirte beschützt sie und führt sie hinaus, damit sie gut leben können – Leben in Fülle haben. Sie hören auf seine Stimme und folgen ihm nach.

Manchmal sind wir gerne Schaf, lassen uns führen, genießen den Schutz, wollen uns sicher fühlen, wollen beim Namen gerufen werden. Und manchmal braucht es uns als Hirten, dass wir auf die Schwachen schauen, uns einsetzen, dass alle genug zum Essen haben, dass niemand vergessen wird, indem wir Orientierung geben, indem wir vorangehen, neue Wege beschreiten, in die Freiheit führen.

Wo dürfen wir Schaf sein? Wo braucht es uns als Hirten?


 

Atem.Pause am 06.11.2020: Thema „Warum/wozu braucht es Kirche?"
Martin Lesky

Laut einer aktuellen europäischen Wertestudie hat die katholische Kirche in den letzten 30 Jahren an Vertrauen verloren. Um Vertrauen herzustellen müssen wir meiner Meinung nach die Frage beantworten: „Warum/wozu braucht es Kirche?" Ich habe dazu mehrere Leute befragt:
„Kirche braucht es um das ständige Rad – alles läuft, wird perfektioniert ... - zu unterbrechen und dafür ein Zeichen zu sein, dass das Leben mehr ist."
„Verbundenheit mit Christus, Verbundenheit untereinander, Verbundenheit mit der Weltkirche, Verbundenheit mit den Armen."
„Kirche braucht es für die Heiligung und Mission. Um den Transzendenzbezug zu einem persönlichen Gott zu finden. Um eine persönliche Beziehung zu einem persönlichen Gott aufrecht zu halten und zu pflegen. Um auf ein gemeinsames Ziel, das ewige Leben, zuzusteuern."
„Damit die Erinnerung an Jesus Christus und an seine Botschaft nachhaltig präsent bleibt und gehört wird und in einem gemeinschaftlichen Ringen aktualisiert wird."

Diese Antworten zeigen uns, dass die Kirche zu einem „mehr" führen, einen Sinn im Leben erschließen will. Jesus beruft uns in der Kirche zu einem neuen Lebensstil, zu einer neuen Art von Beziehung zu Gott, zu anderen und zur Welt. Wir brauchen einen Perspektivenwechsel. Wo ist dieser in der Kirche erkennbar?

„Soziologisch ausgedrückt soll die Kirche Gegenkultur sein. Eine Gemeinschaft, deren Lebensstil dem Strom der herrschenden Kultur entgegenläuft. Es ist ein Stil, bei dem es um Kooperation geht, statt um Konkurrenz, um Geben statt Nehmen, um Teilen statt Horten, um Hingabe statt Bequemlichkeit, um Glauben statt Wissen, um Beziehung statt Anonymität, um Liebe statt Feindschaft. Durch die Mitgliedschaft im Leib Christi wird dieser Lebensstil zur Teilhabe am Leben Christi. Die jesuanische Lebensweise bekommt ihre Kraft vom heiligen Geist und vermittelt sich durch eine leibliche Gemeinschaft, die Jesus als den Herrn und Haupt hat." aus: Richard Rohr, Das entfesselte Buch. Eine Einführung in die Bibel – Altes und Neues Testament. Herder Verlag, Freiburg 2003.

Wie leben wir den Lebensstil Jesu? Wie zeigen wir, dass das Leben mehr zu bieten hat?


 

Atem.Pause am 30.10.2020: Thema „Was mir heilig ist?"
Martin Lesky

Wir feiern am Sonntag das Fest Allerheiligen. Ein erster Impuls zu diesem Fest war für mich, verschiedene Leute zu fragen, „Was ist mir heilig?"
„Meine Spiritualität"
„Das Leben und die Schöpfung"
„Da wo ich lebe, Beziehung, Privatleben, Freiheit, Familie"
„Das Leben!"
„Das Allerheiligste"
„Mein Seelenleben"
„Eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Und Heiligkeit heißt, dass diese Balance schwer zu erreichen ist."

Ein zweiter Impuls war die Frage, was bedeutet heilig sein. Heiligsein bedeutet, dass ein Mensch in seinem Leben Gott und damit die Heiligkeit Gottes erfahrbar und erlebbar gemacht hat. Es bedeutet nicht, dass jemand keine Fehler und Schwächen hat oder dass er moralisch unfehlbar oder „dem Leben entrückt" ist, sondern dass Gott ihn in den Wirkungskreis seiner Gnade stellt und gestellt hat. Heiligkeit ist somit eine Aussage über Gottes Heilswirken.

Ein dritter Impuls geht zu den Seligpreisungen, die im Evangelium an Allerheiligen in der Liturgie gelesen werden (Mt 5,3-12). Jesus beginnt mit verschiedenen Situationen und Gefühlszuständen in unserem Leben: Armut, Trauer, Sanftmut und preist dann jene, die sich für andere einsetzen: Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit ... Selig die Barmherzigen ... Selig, die Frieden stiften ... Heilig sein könnte für uns bedeuten, dass wir andere Menschen loben und preisen, für ihren langen Atem in schwierigen Situationen, für ihre Geduld im Leiden, für ihr Engagement für andere, für ihren Einsatz für die Schöpfung usw.

Wo kann ich jemanden einen Zuspruch machen, vielleicht jemanden, der oder die es nicht von mir erwartet?
Wo kann ich „heilig" sein?


 

Atem.Pause am 23.10.2020: Thema „Was müsste Kirche bieten, dass ich wieder hingehen würde?"
Martin Lesky

Ich habe vier „kirchenferne" Personen – Katholikinnen, die ich nicht am Kirchplatz treffe, gefragt: „Was müsste Kirche bieten, dass ich wieder hingehen würde?"
„Ganz ehrlich? Was mir fehlt ist die Freude, Begeisterung, die Gemeinschaft, mehr so ein Gefühl von den Leuten, die da sind. Wenn dann dazu noch ein Spirit erfahrbar ist, dann würde ich hingehen."
„Ist ganz schwierig. Es gibt gute Leute, die mir gute Gedanken geben. Aber ich bräuchte eine Gruppe, eine Gemeinschaft, in die ich integriert bin, mich wohl fühle. Wenn jemand, der mich mag, mich kennt, mir einen Schupfer gibt und sagt gehen wir mal hin. Es heißt nicht, dass ich keinen Glauben habe, es zieht mich derzeit nicht hin."
„Schwere Gewänder sind nicht mehr zeitgemäß. Sich von dem alten Kirchenbild lösen, von Macht und Geld, mit dem sich Kirche viel geholt hat. Junge Leute suchen wieder dunklen, stillen Raum. Viele machen Yoga. Sich aus dem Buddhismus was abschauen. Gefühl von Freiheit, Geborgenheit und Gemeinschaft vermitteln, gemeinsam an etwas glauben."
„Was heißt Kirche? Ist damit der Gottesdienst gemeint? Mit Kirche verbinde ich die Machtfrage, Frauenfrage, gefühlter Staub, enges Korsett, altes Familienbild, Sünde und Strafe, verkrustete Struktur. Was würde passieren, wenn ein Pfarrer die weibliche Seite Gottes zur Sprache bringen würde? Was müsste passieren, dass ich mich eingeladen fühle? Alles ist mit allem verbunden (Amazonien Synode). Wenn ich spüren würde, dass Offenheit da ist. Wenn es eine ungezwungene Begegnung mit einer Person aus der Pfarre auf dem Marktplatz geben würde."

Mir fällt auf diese Antworten Apg 2,44-47 ein: „Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens. Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die gerettet werden sollten." Hier ist von Gemeinschaft die Rede, vom gemeinsamen Spirit, der von allen gelebt wird, der spürbar wird. Aber einen großen Unterschied sehe ich zu den Antworten der vier Frauen. Sie wünschen sich eine Kirche, die aus den eigenen vier Wänden hinausgeht, die auf (kirchenferne) Menschen zugeht.
Wo erlebe ich ein „Hinausgehen" von Kirche? Wo kann ich auf Menschen zugehen, die ich nicht am Kirchplatz treffe? Wie kann ich Glauben zum Thema machen?


Atem.Pause 16.10.2020: Zwischen Dank und Klage, Jakob Bürgler

Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden besteht immer aus ganz konkreten Menschen, die zusammenkommen. Sie ringen um eine gemeinsame Deutung des Lebens. Kirche geht nur zusammen mit anderen Menschen: Jesus ist nicht in der Wüste geblieben und nicht allein umhergezogen. Vielmehr hat er sehr früh andere in das Verständnis seiner Aufgabe einbezogen. Er hat Menschen in seiner Nähe geschult – mit mehr oder weniger großem Erfolg – und sie dann in die Verkündigung und Sammlung entsandt (Mk 3,14).

Paulus hat das dann ohne unmittelbare Zeitgenossenschaft mit Jesus erstmals in größeren Dimensionen realisiert: Immer wird die Frohe Botschaft unmittelbar von Mensch zu Mensch weitergereicht und bezeugt. Und sie wird gemeinsam vertieft und gefeiert. ...
Welche Elemente von Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden wirklich wichtig sind, können wir im Blick auf unsere eigene Erfahrung herausfinden. Welche Menschen haben mich denn in den Glauben geführt oder gelockt? Wer hat mich im Glauben bewahrt und wer hat mich tiefer hingeführt? Solche Erinnerungen können zu einer Danklitanei in meinem Beten werden, zu einer Art privater Heiligenlitanei: Die Schutzpatrone meiner Kirchenzugehörigkeit und meines Glaubens.
Und eine zweite Frage: Wie bin ich denn diesen Menschen begegnet? Das kann mich ins Gebet darum führen, dass solche Begegnungen auch weiterhin zustande kommen mögen, auch noch in unseren Zeiten, in denen sich alles zu verändern scheint. ...
Der andere und die andere sind ... ganz konkret anders als ich. Das macht sie aus, aber das ist auch ihre Zumutung. Sie kommen möglicherweise zu anderen Einschätzungen oder Handlungsweisen als ich. Aus diesem Grund gibt es in dieser Kirche, selbst in der anfänglich kleinen Jüngerschar, von Beginn an Probleme. ...
Wer sind die Menschen in unserer Kirche, die es mir persönlich schwerer machen zu glauben? Wer sind die Menschen in unserer Gemeinschaft der Glaubenden, deren Positionen oder Verhalten mir unerklärlich, unverständlich oder inakzeptabel erscheinen? Mit diesen Fragen zu beten kann mein Gebet zu einer persönlichen Klagelitanei formen: Ein Gebet für die, trotz derer ich noch glaube. Und ein Gebet, dass ich mehr vergebe als mich verbeiße.
Und staunend stelle ich fest: Welch ein Wunder, dass die Kirche überhaupt die Frohe Botschaft so lange Zeit bewahrt hat, obwohl sie und der Glaube daran in so zerbrechlichen Gefäßen weitergereicht werden. Und eines dieser zerbrechlichen Gefäße bin sogar ich selbst.

Axel Bödefeld SJ, aus: Jesuiten 2020/2, 22-23.


 

 

Atem.Pause am 09.10.2020: Thema „Verbindung zu Gott"
Martin Lesky

Wer fällt mir ein, wenn ich nach Menschen suche, die eine direkte Verbindung zu Gott haben? Als erstes fällt mir Moses ein, der das erste Mal beim brennenden Dornbusch die Stimme Gottes hört. Beim Auszug aus Ägypten ist Moses immer wieder mit Gott im Gespräch. Auf dem Berg Horeb erhält Mose von Gott die 10 Gebote, die heute noch unser Zusammenleben bestimmen. Als zweites fällt mir Ezechiel ein, zu dem Gott sagt: „Menschensohn, stell dich auf deine Füße, ich will mit dir reden." (Ez 2,1) Und dann fällt mir Jesus ein. Bei seiner Taufe im Jordan ertönt aus dem Himmel Gottes Stimme: „Das ist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden." (Mk 1,11) In Jesu Reden und Tun wird für mich immer wieder deutlich, dass Jesus in einer direkten Verbindung zu Gott steht.

Ich habe mehrere Personen gefragt, wenn sie eine direkte Verbindung zu Gott herstellen könnten, welche Frage sie ihm stellen würden.
„Was sollen wir tun? Was willst du, dass ich tun soll? Wie hättest du mich gern? Hast du dir das so gedacht, wie es ist?"
„Wie geht es dir Gott, wenn du das viele Leid auf der Erde siehst?"
„Wie siehst du die Rolle der Frau in der Kirche?"
„Was passiert im Leben nach dem Tod und sehe ich meine Geliebten, die schon tot sind, wieder?"
„Wie viel Wahrheit steckt in der Bibel?"
„Warum passiert viel Ungerechtes oder vermeintlich Ungerechtes? Kann Gott uns Tipps und Tricks geben, wie wir einen leichteren Zugang zu ihm bzw. eine stärkere Verbindung oder Beziehung zu ihm aufbauen können?"
„Warum lässt du das Leid zu?"

Welche Fragen würden Sie ihm stellen? Und wie können Sie eine direkte Verbindung zu Gott aufbauen?


 

Atem.Pause am 02.10.2020: Thema „Beziehung zu Jesus"
Martin Lesky

Heute möchte ich der Frage nachgehen, wie ich eine Beziehung zu Jesus aufbauen kann? Dazu ist mir eine Stelle aus dem Johannesevangelium eingefallen: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet. Dies trage ich euch auf: Liebt einander!" (Joh 15,13-17)
Ich habe wieder verschiedene Leute gefragt, wie ich eine Beziehung zu Jesus aufbauen kann.
„Wenn ich im Evangelium lese."
„Wenn ich mit ihm im Gespräch bleibe."
„Durchs Beten, wenn ich in die Kirche gehe und mich mit den anderen verbinde."
„Auf ihn hinschauen, wenn ich ihn wahrnehme im Gebet, in der Meditation."
„Indem ich an ihn denke."
„Für mich selber klar werden, was mir Glaube bedeutet, um dann eine Beziehung aufbauen zu können."
„Wie jede andere Beziehung auch – zuerst die Begegnung suchen, dann in Kommunikation treten, Interesse zeigen und regelmäßig auf einen Ratscher gehen."
Jetzt versuche ich, diese Aussagen mit der Stelle aus dem Johannesevangelium zu verbinden: Jesus sagt, „ich habe euch alles mitgeteilt"," ich habe euch erwählt", „dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt". Beziehung oder Freundschaft zu Jesus ist einerseits Geschenk, andererseits zeigt sie sich in der Frucht, in der Liebe zueinander. Beziehung zu Jesus braucht also Zeit, um gut in mich hineinzuhören, auf ihn zu hören, im Gebet mit Jesus ins Gespräch kommen und seine Vision von einer gerechten Welt, von einem neuen Miteinander weiterzutragen und zu leben. Diese Beziehung zu Jesus wünsche ich uns allen und lade ein, darüber nachzudenken, welche Bedeutung Jesus für mich und mein Leben hat.


 

 

Atem.Pause am 25.09.2020: Thema „Heimat"
Martin Lesky

Einer meiner Lieblingspsalmen ist der Psalm 4. In meiner Studienzeit habe ich ihn auswendig gelernt und rezitiere ihn gerne am Abend oder in besonderen Situationen. Die ersten Verse lauteten: „Wenn ich rufe, erhöre mich, Gott du mein Retter, du hast mir Raum geschaffen, als mir Angst war, erhöre mich und sei mir gnädig." In der neuen Einheitsübersetzung hat sich einiges verändert: „Wenn ich rufe, gib mir Antwort, Gott meiner Gerechtigkeit! Du hast mir weiten Raum geschaffen in meiner Bedrängnis. Sei mir gnädig und hör auf mein Flehen!"
Mir ist dieses Raum geben so wichtig. Gott gibt uns diesen weiten Raum, in dem wir uns entfalten und leben können. Vielleicht könnten wir diesen Raum mit Heimat übersetzen. Ein ehemaliger Landesrat hat vor fast 20 Jahren bei einer Veranstaltung gesagt: „Kirche muss allen Menschen Heimat geben, vor allem jenen, deren Leben in Brüche gegangen ist!" Gott gibt allen Menschen Raum und unsere Aufgabe als Kirche ist es, vor allem auf die Menschen zu schauen, die durch Schicksalsschläge oder eigenes Unvermögen in Trennung, ausgegrenzt oder in Armut leben.
Was heißt beheimatet sein in der Kirche, in einer Pfarrgemeinde. Ich habe mehrere Personen gefragt, wie sie den Satz „daheim fühle ich mich in der Pfarre, wenn" fortführen würden. Ich bekam sehr unterschiedliche Antworten.
Daheim bin ich, wo ich mich wohl fühle, wo die Menschen sind, die ich liebe.
Daheim fühle ich mich in der Pfarre, wenn ich etwas zu tun habe.
Daheim fühle ich mich, wenn ich mich im Gottesdienst wohl fühle.
Daheim fühle ich mich in der Pfarrgemeinde, wenn eine Atmosphäre des Miteinanders, des Wohlwollens, der gemeinsamen Wegsuche für alle stattfindet.
Daheim fühle ich mich in der Pfarre, wenn ich verstanden bin, wenn ich bekannte Menschen treffen kann, wenn ich mich austauschen kann, ohne mich zu verstellen und so sein kann wie ich bin.
Daheim fühle ich mich in der Pfarre, wenn niemand ausgegrenzt wird und gemeinsam nach Wegen gesucht wird, das Evangelium miteinander zu leben.
Heimat ist einerseits etwas, was wir von Gott geschenkt bekommen, andererseits entsteht sie durch ein gemeinsames Tun und unseren Umgang miteinander. Es ist unsere Aufgabe als Kirche miteinander allen Menschen Heimat zu geben. Ganz egal, ob es Menschen auf der Flucht sind, Menschen die ihre Heimat verloren haben, ob sie bedürftig sind oder ob es Menschen sind deren Leben in die Brüche gegangen sind. Ich lade ein, darüber nachzudenken, wo wir Menschen Heimat geben können.


 

Atem.Pause am 11.09.2020: Thema „Wie kann sich Kirche erneuern?"
Martin Lesky

Angesichts von vielen Menschen, die sich von der Kirche abwenden, frage ich mich, was es zur Erneuerung und zum Aufbau von Kirche braucht. In Epheserbrief 4,11-13 ist von einem fünffachen Dienst die Rede: „Und er gab den einen das Apostelamt, andere setzte er als Propheten ein, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des Leibes Christi. So sollen wir alle zur Einheit im Glauben und in der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, damit wir zum vollkommenen Menschen werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen."
Ich frage mich, was sind heute Apostel*innen, Prophet*innen, Evangelist*innen, Hirt*innen, Lehrer*innen und woran erkennen wir sie?
Ein Apostel*innen – übersetzt Gesandter – ist jemand, der von Jesus Christus direkt mit dem Auftrag der Verkündigung des Glaubens beauftragt wurde. „Wenn ein Apostel auftaucht, geraten Dinge in Bewegung. Neues beginnt." (Jens Kaldewey)
Die Prophet*innen waren und sind immer ein Störfaktor. Sie zeigen Einseitigkeiten, Mängel, Fehlentwicklungen auf. Sie konfrontieren die Menschen mit der Wahrheit, von der gerne weggeschaut wird. Ein Prophet rückt zurecht.
Evangelist*innen geben Zeugnis von ihrem Glauben an die Auferstehung. Sie sehnen sich nach der Ausbreitung des Reiches Gottes an ihrem Ort und fragen, wie Gott ursprünglich „Gemeinde" geplant hatte.
Hirt*innen fragen nicht nach besonderen Leistungen, sie haben Interesse an den Menschen. Sie führen auf die Weide hinaus, sie kennen die Wasserstellen, wissen was die Herde braucht und geben ihnen das, was sie brauchen.
Lehrer*innen „ziehen den Vorhang zur Seite, der die Schrift so oft verdeckt" (Jens Kaldewey)
Wir brauchen in unserer Kirche wieder eine Rückbesinnung auf diesen fünffältigen Dienst. Denn wenn ein oder mehrere Dienste z.B. in einer Gemeinde fehlen, dann gibt es Wachstumsstörungen oder Lähmungen. Es braucht alle fünf Dienste zum gesunden Wachstum einer Gemeinde.
Von diesem Wachstum mit einem klaren Ziel ist in Epheser 4,15-16 die Rede: „Wir wollen uns, von der Liebe geleitet, an die Wahrheit halten und in allem wachsen, bis wir ihn erreicht haben. Er, Christus, ist das Haupt. Durch ihn wird der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt in jedem einzelnen Gelenk. Jedes trägt mit der Kraft, die ihm zugemessen ist. So wächst der Leib und wird in Liebe aufgebaut."
Welche Menschen fallen mir zu den fünf Diensten ein? Welche Dienste werden in unserer Kirche oft vernachlässigt?


 

Atem.Pause am 04.09.2020: Thema „Beteiligung oder Elemente einer zukunftsfähigen Kirche"
Martin Lesky

Auf einer Radtour diesen Sommer in der Südsteiermark der Mur entlang haben meine Frau und ich in Halbenrein bei Bad Radkersburg eine Rundkirche entdeckt. Sie ist der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht. Die Initiative ist von einer Familie ausgegangenEine der Initiator*innen erzählt, dass sich alles gefügt hat und es dadurch jetzt mehr Zusammenhalt gibt. Es ist schön, dass alle Dorfbewohner*innen dieses Projekt mittragen und unterstützen. Auslöser war, dass bei einem furchtbaren Gewitter niemand verletzt wurde und dass ein Atomkraftwerk auf der slowenischen Seite der Mur nicht gebaut wurde. Aus Dankbarkeit wurde dann diese Kapelle an diesem Ort gebaut. Und es ist ein guter Ort, zu dem viele Leute kommen und zur Ruhe kommen. Ein Gebet, von Hand geschrieben, hängt an der Wand: „Ruhender Raum, in dem ich zur Ruhe kommend dich ahnen kann. Göttlicher Raum, du öffnest dich meinem Suchen, du schenkst mir den Atem deiner Weite und Freiheit. Und wenn ich Zuflucht brauche, hüllst du mich, schützende, heilige Höhle." Ihre Dankbarkeit drückt sich auch darin aus, dass sie in der Kapelle Spenden für Kinder in Kamerun in Afrika sammeln.
Beteiligung ist ein Grundzug in Jesu Reden und Tun. Er bezieht die Menschen um sich herum ein. Den Jüngern sagt er: „Gebt ihr ihnen zu essen!" (Lk 9,13). Bei der Begegnung mit dem blinden Bettler Bartimäus sagt Jesus: „Ruft ihn her!" (Mk 10,49) Zu Zachäus, der auf den Maulbeerfeigenbaum klettert sagt Jesus: „Zachäus komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben." (Lk 19,5) Jesus beteiligt die Menschen und führt sie dadurch in (Eigen-)Verantwortung. Eine zukunftsfähige Kirche braucht dieses Element der Beteiligung, der Eigenverantwortung, dass sich die Menschen für ihre Kirche verantwortlich fühlen und mit ihrer Begeisterung andere anstecken.
Ein Gebet in der Deifaltigkeitskapelle lautet: „Wir haben Gott bewusst in den Mittelpunkt unseres Dorfes gestellt, möge er uns allen ein frohes, zufriedenes Herz schenken, uns den rechten Weg weisen und die ganze Menschheit zur Einsicht und Umkehr bringen, damit sei wieder verantwortungsbewusster und ehrfurchtsvoller mit Gottes Schöpfung umgehe!"


 

Atem.Pause am 28.08.2020: Thema - Maria und Marta in mir
Theresia Stonig

Der Sommer, die Ferien, die Urlaubszeit geht zu Ende, schön langsam kehrt in den Büros wieder der Arbeitsalltag ein, Schülerinnen und Schüler starten bald wieder in den Schulalltag. Die Arbeit ruft und damit oft auch der Stress, das Getrieben-Sein von vielen Aufgaben.

Mir fällt die Bibelerzählung von Marta und Maria ein. Die zwei Schwestern sind mit Jesus befreundet und Jesus kommt in ihr Dorf und sie nehmen ihn freundlich auf. Marta kümmert sich um sein Wohlergehen, tischt Speisen und Getränke auf und ist ganz in ihrem Element als Gastgeberin. Maria aber setzt sich zu Jesus und hört ihm zu. Marta würde sich wünschen, dass ihre Schwester auch was tut. Auf Marta's Klage hin sagt Jesus: Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen, Maria hat den guten Teil gewählt.

Marta ist Gastfreundschaft wichtig, sie hat viel zu tun und bemüht sich, ihrem Freund was Gutes zu tun. Maria nutzt die Zeit, sich mit Jesus zu unterhalten, anwesend zu sein.
Ich verstehe Marta, wenn sie ungehalten ist, dass Maria nichts tut und noch dazu sagt Jesus dann, dass Maria das Gute gewählt hat. Ist ihre Arbeit nichts wert?
Doch, ihre Arbeit ist wertvoll, aber Jesus will ihr sagen, dass sie auch die Ruhe, die Pause, die Zeit zum Zuhören braucht.

Diese Geschichte von Maria und Marta zeigt mir, dass eine gute Balance zwischen Arbeit und Pause, zwischen Tun und Zuhören, zwischen Geschäftigkeit und Freundschaftspflege wichtig ist. Ich denke dass es in jedem von uns eine Marta und eine Maria gibt, manchmal sind wir mehr Marta und manchmal mehr Maria. Es ist wichtig darauf zu schauen, dass beide ausreichend Platz haben, dass es neben aller Arbeit und Mühe Zeit für Gott, für die Mitmenschen und für einen selber gibt.

Schauen wir immer wieder darauf, wer gerade in mir vorherrscht – Maria oder Marta und nehmen wir uns bewusst Zeit, Maria zu sein.

Marta wohnt in mir
In meiner Arbeit.
In meiner Fürsorge und Geschäftigkeit.

Maria wohnt in mir
In meinem Zuhören.
In meinem Hören auf dich, Gott.

Es braucht beides.
Gott, schenke uns
den Fleiß von Marta und die offenen Ohren von Maria
Gott, schenke uns
Hände, die Gutes tun und Ohren, die Zuhören.
Gott, schenke uns
beides in einem guten Verhältnis.

Gott segne und begleite uns
Im Namen des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes. Amen.


 

Atem.Pause am 31.07.2020: Thema „Was heißt Reich Gottes für mich?"
Theresia Stonig

Heute feiern wir das Fest des Hl. Ignatius von Loyola. Er wurde im Mai 1491 in Spanien geboren und starb am 31. Juli 1556 in Rom. Er war der wichtigste Mitbegründer und Gestalter der Gesellschaft Jesu - des Jesuitenordens - und wurde 1622 heiliggesprochen. Im Krieg gegen französische Truppen durch eine Kanonenkugel am Bein schwer verletzt, hatte er während der Zeit im Krankenlager sehr viel Zeit zum Lesen. Er las eine Sammlung von Heiligenlegenden und eine Lebensbeschreibung von Jesu Christi. Das brachte ihn zum Nachdenken. Während er sich im Kloster Montserrat erholte entschied er sich für eine radikale Änderung seines Lebens, er legte die Ritterausrüstung ab und verließ das Kloster als Bettler und Pilger. Er zog sich ein Jahr lang in Manresa in die Einsamkeit zurück und schrieb seine großen inneren Erlebnisse in seinem Exerzitienbuch nieder und ist damit der Begründer der Ignatianischen Exerzitien, den geistlichen Übungen. Sie enthalten Anleitungen zum Gebet, zur Meditation und zur Unterscheidung der Geister.

Im Rahmen meiner Ausbildung habe ich vor zwei Wochen an ignatianischen Exerzitien teilgenommen. 7 Tage Schweigen, Beten, Nachdenken. Klingt schwierig, war aber sehr schön und hat gut getan. Kein Handy, keine Nachrichten, komplett offline – Zeit für sich selbst, für die Schönheit der Natur, für Gott im Gebet, in der Bibelbetrachtung und im Gottesdienst. Zeit zum Nachdenken über das eigene Christsein.

Dabei hat mich eine Bitte aus dem Vater unser besonders beschäftigt. Wir bitten: dein Reich komme.
Was heißt das?
Mein Exerzitienbegleiter hat dafür eine schöne Antwort: Das Reich Gottes ist dort, wo Gott das Sagen hat.
Für mich heißt das, dass das Reich Gottes dort entsteht, wo Barmherzigkeit, Liebe und Versöhnung gelebt wird.

Und ich habe noch andere Menschen befragt, wie sie sich das Reich Gottes vorstellen. Als Antworten hörte ich:
Das Reich Gottes ist dort,
• wo alle in Frieden leben
• wo es allen Menschen gut geht
• wo jeder so sein kann, wie er ist und angenommen wird
• wenn spürbar ist, dass der Heilige Geist lebendig ist
• wenn ich mit Menschen unterwegs bin und spüre, dass ich getragen bin und so sein darf, wie ich bin und eine innere Zufriedenheit wahrnehme.
• und wenn jeder so sein darf, auch der am Straßenrand sitzt, ein Bettler, ein Alkoholtrinkender, ...

Ich lade dazu ein in einer Zeit der Stille darüber nachzudenken, was das Reich Gottes bedeutet und was wir selbst zum Reich Gottes beitragen können. 


 

Atem.Pause am 17.07.2020: Thema „Zu wem würde Jesus heute gehen?"
Martin Lesky

„Als Jesus die vielen Menschen sah, die um ihm waren, befahl er, ans andere Ufer zu fahren. Da kam ein Schriftgelehrter zu ihm und sagte: Meister, ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann." (Mt 8,18-20)
Jesus hat keinen festen Ort, wo er wohnt und sich aufhält. Jesus ist unterwegs. Er geht dorthin, wo die Menschen sind. Einige Beispiele aus dem Matthäusevangelium, wohin Jesus geht: Am See von Galiläa, in ganz Galiläa, in den Synagogen, auf den Berg, nach Karfarnaum, in das Gebiet der Gadarener, durch alle Städte und Dörfer, durch die Kornfelder, an das Ufer des Sees, in Häuser, in seine Heimatstadt, nach Gennesaret, in das Gebiet von Tyrus und Sidon, in das Gebiet von Cäsarea Philipi, in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordan, nach Jerusalem ...
Und es sind dort ganz unterschiedlichen Menschen, denen Jesus begegnet: Fischer, seine Jünger, Kranke, viele Menschen, Aussätzige, ein Hauptmann, Besessene, ein Schriftgelehrter, ein Gelähmter, ein Zöllner, die Jünger des Johannes, ein Synagogenvorsteher, Kinder, Blinde, ein Stummer, die Pharisäer, ein Mann mit einer verdorrten Hand, seine Mutter und seine Brüder, eine kanaanäische Frau ...
Jesus ist unterwegs, ist bei den Menschen, hat Interesse an den Menschen.

Ich habe verschiedene Leute gefragt, wohin Jesus heute gehen würde:
„Vermutlich zu einem Open Air Kino im Zeughaus im Sommer oder zu einer anderen Kulturveranstaltung."
„Jesus würde googeln und schauen, wo Leute eine Sehnsucht haben oder nach Sinnangeboten suchen."
„Zu den Menschen am Rand, zu den Menschen, die ihn einlassen, die offen sind für ihn."
„Es gibt so viele Orte, wo Jesus notwendig wäre. Er würde in die Maria-Theresien-Straße gehen, zu den Menschen, die mit Einkaufstaschen herumrennen, zu den Touristen aus verschiedenen Ländern, den Menschen, die besorgt sind, zu den Straßenmusikern, zu denen, die an den Hauswänden sitzen, teilweise als Bettler oder mit Weinflasche, zu Menschen, die sich nicht mehr aus dem Haus trauen und vereinsamen, sicher auch zu den Jugendlichen, die an illegalen Ravepartys teilnehmen."
„Jesus würde sich zu den Flüchtlingen ins Boot setzen, er würde die Slums besuchen und die Reichen in Europa und ihnen sagen, was Gerechtigkeit ist und wie sie daran teilhaben können."
„Dort wo es ihn hinzieht, weil er für alle Menschen da ist."
„Nach Afrika und Südamerika, zu den alten Leuten im Altersheim. Viele würden ihn nicht erkennen, selbst nicht die Hochfrommen."

Eine herzliche Einladung, mit anderen über Jesus ins Gespräch zu kommen, fragen, erzählen, Jesus mit meinem Leben in Verbindung bringen ...


  

Atem.Pause am 10.07.2020: Thema „Was mir Glaube bedeutet?"
Martin Lesky

Die Emmausgeschichte spricht mich immer wieder neu an. Ich habe vor einiger Zeit dem Autor des Buches „Jesus für Kleinbauern" Reinhard Körner geschrieben und gefragt, was wohl Jesus den beiden Emmausjüngern geantwortet hat. Seine Antwort fasziniert mich: „Jedenfalls "brannte ihnen das Herz" (Lk 24,32) - also muss er etwas gesagt haben, das in ihren Herzen noch als "Glut" vorhanden war, bloß mit Asche drüber - und als er mit seinen Worten die Asche wegpustete, schlug die Glut wieder Flammen. Ich denke, der Evangelist (Lukas) hat nicht miterzählt, was genau Jesus gesagt hat, damit der/die Leser/in/Hörer/in ins eigene Herz schaut und darauf achtet, womit der auferstandene Jesus ihm heute die Asche wegpustet und die noch vorhandene Glut wieder auflodern lässt. Diese Glut ist unser Glaube. Und als Jesus diesen Glauben wieder zum Brennen gebracht hat, sie die Zusammenhänge verstanden haben, da haben die Jünger wieder eine Perspektive gesehen, Sinn erfahren. Jetzt laufen sie nach Jerusalem zurück, um den anderen Jüngern von ihren Erfahrungen zu erzählen.

Diese Glut, unser Glaube ist wesentlich. Er ist die Antriebsfeder für unser Tun. Ich habe verschiedene Personen gefragt, was ihnen Glaube bedeutet. Die Antworten motivieren mich, dieses Thema weiterzudenken.

„Glaube bedeutet für mich Vertrauen, dass es gut wird."
„Glaube ist mir Orientierung, Sinn, Lebenselixier, Freude und führt zu einem gelingenden Leben."
„Glaube bedeutet für mich Halt im Leben und schenkt mir Gemeinschaft."
„Glaube ist für mich einerseits Halt und Sicherheit, andererseits ein ständiges Ringen und Kämpfen ihn lebendig zu halten. Glaube liegt zwischen rational und emotional, zwischen ankommen und hinterfragen. Es braucht ein ständiges arbeiten darum, was auch anstrengend sein kann."
„Glaube bedeutet für mich Vertrauen, dass ich mich verlassen kann, das Wissen, dass ich nicht allein bin. Glaube gibt mir Zuversicht."
„Glaube bedeutet für mich, dass ich von Gott geliebt bin, dass ich in allen Situationen des Lebens begleitet bin, dass Gott mit mir auf dem Weg ist und dass ich im Vertrauen auf Gott, alle Situationen meistern kann."

Eine herzliche Einladung, Glaube zum Thema zu machen, andere zu fragen, was ihnen Glaube bedeutet, anderen erzählen, was mir mein Glaube bedeutet.


 

Atem.Pause am 03.07.2020: Thema „Wo ist mir Gott begegnet?"
Martin Lesky

In der Zeitschrift JOYCE schreibt Elena Schulte: „Wenn du das nächste Mal in deine Gemeinde gehst, dann erzähle doch einfach mal einer Person dort, was Gemeinde dir bedeutet. Wo bist du hier – durch Menschen, Lieder, Predigten, Begegnungen, Erlebnisse – Gott begegnet? Woran merkst du, dass dies der Ort ist, an dem Gott wohnt und sein Geist weht?"

Ich habe wieder verschiedene Personen gefragt und habe interessante und inspirierende Antworten bekommen:
Ich merke es an meinem Berührtsein. Wenn ich berührt bin durch die Gemeinschaft, die ich erlebe oder durch den Kirchenraum. Manchmal ist es auch einfach die Ruhe, die ich empfinde.
Ich merke es an dem Interesse. Wenn jemand in der Gemeinde Interesse zeigt, nachfragt wie es dir geht, in der Trauer nachfragt, bei der Geburt eines Kindes fragt, wie es mir geht. Wenn du drei Wochen wegbleibst und jemand nachfragt, ich habe dich drei Wochen nicht mehr gesehen, wie geht es dir? Inter-esse – das dazwischen ist wichtig.
Ich spüre Gott, wenn ich in der Natur unterwegs bin, in schönen Landschaften, wenn die Sonne hineinscheint.
Gemeinde ist überall dort, wo Menschen zusammenkommen, um zu beten. Gott ist in allen Dingen, in jedem Moment anwesend, manchmal mehr spürbar, manchmal weniger. Für mich ist er vor allem im Gebet und im Lesen der Bibel spürbar.
Ich merke es in Situationen von Freude und Leid, bei Taufen, im Abschiednehmen von Menschen. Eltern und Großeltern erleben die Geburt eines Kindes als besonderes Element der Freude und des Beschenkt seins, als Gottes Geschenk. Die Suche, wohin der Mensch unterwegs ist und die dankbare Erinnerung hilft die Trauer zu bewältigen – und dies wird als Gotteserfahrung erlebt.

Ich glaube, wenn wir damit anfangen, mehr über Gott zu sprechen und über das, was uns an Kirche begeistert, wo sie uns guttut und wie sehr wir sie schätzen, dann wird das andere anstecken. Dann kann sich eine Kultur entwickeln, in der Gott Raum bekommt und sich sein eigenes Haus mit Freude, Lachen, Segen und Heiligkeit füllt. Herzliche Einladung dazu!


 

Atem.Pause am 26.06.2020: Thema Barmherzigkeit
Martin Lesky

Jesus sagt: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!" (Lk 6,36) oder „Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden." (Mt 5,7). Was heißt für mich, für dich, für uns Barmherzigkeit? Ich habe mehrere Personen gefragt, was für sie Barmherzigkeit bedeutet. Eine Person sagte: Barmherzigkeit heißt für mich so zu leben, dass es den anderen gut geht. Eine zweite Person sagte: Barmherzigkeit heißt für mich auf Menschen zugehen, Menschen so annehmen wie sie sind, ohne sie verändern zu wollen. Eine dritte Person sagte: Barmherzigkeit heißt für mich zuerst zuhören, dann helfen, ohne die Erwartung, dafür ein Danke zu bekommen. Eine vierte Person sagte: Barmherzigkeit hat etwas mit Herz zu tun. Und dann mit Gerechtigkeit – jemandem gerecht werden.

Bischof Joachim Wanke formuliert in den neuen 7 Werken der Barmherzigkeit:
„Einem Menschen sagen:
1. Du gehörst dazu.
2. Ich höre dir zu.
3. Ich rede gut über dich.
4. Ich gehe ein Stück mit dir.
5. Ich teile mit dir.
6. Ich besuche dich.
7. Ich bete für dich."
Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter in Lk 10,30-37 erzählt Jesus die Geschichte von einem Mann, der überfallen wurde. Schwer verletzt bleibt er liegen. Es kommen ein Priester und ein Levit vorbei. Beide gehen weiter. Dann die große Überraschung. Ein Samaritaner kommt vorbei, ein Fremder, jemand der einer anderen Religion angehört als der Überfallene. Dieser hilft dem Überfallenen. Jesus will uns damit sagen, dass wir auch den Menschen helfen sollen, mit denen wir nichts zu tun haben. Barmherzigkeit geht also einen Schritt weiter, weitet unseren Horizont. Wir kennen die Geschichte, wie sie weitergeht. Der Samariter hob den Überfallenen auf sein Reittier und brachte ihn zur Herberge. Er weiß, dass er nicht alles allein tun muss, nimmt aber seine Verantwortung wahr, indem er den Überfallenen zur Herberge bringt und für seine Pflege dort bezahlt.
Barmherzigkeit hat verschiedene Facetten. Ich lade ein, darüber ins Gespräch zu kommen, jemanden zu erzählen, was für mich Barmherzigkeit bedeutet oder jemanden fragen, was er oder sie unter Barmherzigkeit versteht.
Herzliche Einladung dazu!


 

Atem.Pause am 19.06.2020, Herz-Jesu-Freitag
Martin Lesky

Jesus sagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben." (Joh 10,10). Mir ist beim Hören dieses Satzes in der letzten Weggemeinschaft auf einmal eine Frage aufgetaucht: Wenn „Leben in Fülle" oder „Gutes Leben für alle" das Ziel von Kirche ist, wie muss sie dann agieren?

Ich möchte der Frage nach Leben in Fülle heute nachgehen. Dazu habe ich vier Personen befragt: Die erste Person meinte, die Woche von Montag bis Freitag ist so gefüllt, dass es das Wochenende, Samstag und Sonntag braucht, um wieder zur Ruhe zu kommen. Die zweite Person meinte sie lebe in Fülle. Gerade heute habe sie sich gedacht, dass sie einfach zufrieden ist, dass sie wieder die sozialen Kontakte hat, sich mit Freunden treffen kann, Leben in Fülle hat. Eine dritte Person sagte, Leben in Fülle heißt Zufriedenheit, mit allen Bereichen des Lebens in Einklang sein, ausgewogen sein. Eine vierte Person meinte, ein frohes und geglücktes Leben in Frieden und Einklang, wie es dem jüdischen Schalom entspricht. In Frieden sein mit Gott, mit den Menschen um mich herum, mit der Umwelt und mit mir selbst.
Genug zum Leben haben und etwas mehr, sich zufrieden fühlen, was kann dann Kirche noch geben? Was ist dann noch Aufgabe der Kirche? Wir sind in der Spur Gottes, wenn es uns um das Leben in Fülle, um gutes Leben für alle geht, wenn wir die „Liebesgeschichte" Gottes mit den Menschen, die in Jesus von Nazareth sichtbar und spürbar und greifbar geworden ist, fortsetzen, leben, weiterschreiben, durch unseren ganz konkreten Einsatz für Menschen am Rand der Gesellschaft, einsame Menschen, suchende Menschen, Obdachlose, Menschen, die behindert werden usw. Wir wollen den Traum Gottes wachhalten, den Traum, dass alle Menschen Leben in Fülle haben können, auch die Flüchtlinge in Griechenland, auch die Menschen in Afrika, deren Lebensgrundlage durch den Klimawandel verloren gegangen ist, auch die Menschen, die bei uns unter der Armutsgrenze leben ...

Ich möchte Dich und Sie einladen, über das Leben in Fülle ins Gespräch zu kommen, jemanden danach fragen und selber zu sagen, was es für mich bedeutet.

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